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Pathologisches Spielen oder zwanghaftes Spielen, umgangssprachlich auch als Spielsucht bezeichnet, wird durch die Unfähigkeit eines Betroffenen gekennzeichnet, dem Impuls zum Glücksspiel oder Wetten zu widerstehen, auch wenn dies gravierende Folgen im persönlichen, familiären oder beruflichen Umfeld nach sich zu ziehen droht oder diese schon nach sich gezogen hat. Männer sind davon häufiger betroffen als Frauen. In Deutschland gibt es ca. 100.000 Betroffene.
Pathologisches Spielen wird in der ICD-10-Klassifikation (zusammen mit Trichotillomanie, Kleptomanie und Pyromanie) unter die Abnormen Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle eingeordnet. Nicht dazu gezählt wird das exzessive Spielen während manischer Episoden sowie bei der dissozialen Persönlichkeitsstörung, wo es als Symptom des Grundproblems betrachtet wird. Im englischen Sprachbereich bzw. DSM-IV wird von ?pathological? oder ?compulsive gambling? bzw. oft auch ?problem gambling? gesprochen.
Häufiges oder auch episodenhaft wiederholtes Spielen ist mit einer ausgesprochenen gedanklichen Beschäftigung bezüglich ?erfolgversprechender? Spieltechniken oder Möglichkeiten zur Geldbeschaffung ? das erforderliche ?Anfangskapital? ? verbunden. Versuche, dem Spieldrang zu widerstehen, scheitern wiederholt, das Spielen selbst wird vor anderen (Familienangehörigen wie Therapeuten) verheimlicht, die oft zu schwerwiegenden finanziellen Konsequenzen führen, letztlich jedoch oft zum Zerbrechen von Beziehungen, auch, weil sich der Betroffene immer wieder darauf verlässt, Andere (Familienangehörige, Freunde, alte Bekannte) würden ihm die notwendigen Mittel ?ein letztes Mal? beschaffen oder die entstandenen Schulden begleichen.
Das Spielen selbst dient dazu, Problemen oder negativen Stimmungen (Ängsten, Depressionen, Schuldgefühlen) zu entkommen. Immer höhere Beträge werden eingesetzt, um Spannung und Erregung aufrechtzuerhalten.
Eine Spielerkarriere gliedert sich häufig in drei Abschnitte, die als Gewinn-, Verlust- und Verzweiflungsphase bezeichnet werden.
Die Therapie erfordert sowohl psychotherapeutische (multimodale Psychotherapie) Maßnahmen wie auch Hilfestellungen zur Schuldenregulierung. Empfehlenswert ist die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe, z. B. an der der Anonymen Spieler.
Das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim eröffnete im Januar 2009 eine Ambulanz für Spielsüchtige. Diese wird finanziert durch das baden-württembergische Ministerium für Arbeit und Soziales. In Österreich finden Betroffene und Angehörige im Institut Glücksspiel & Abhängigkeit allumfassende Hilfestellungen. Das Institut mit Sitz in Salzburg wurde 2002 gegründet und finanziert sich ausschließlich durch Spenden und Beratungsverträge. Beratung ist kostenlos und auf Wunsch anonym.
In einer aktuellen Studie konnten mit dem Medikament Naltrexon 40 Prozent der Teilnehmer wenigstens einen Monat auf das Spielen verzichten, in der Placebogruppe waren es hingegen nur knappe 11 Prozent.
Die Gesamtzahl der pathologischen Spieler in Deutschland wird in zwei Erhebungen, von denen eine durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) veranlasst wurde, übereinstimmend mit 100.000 angegeben. Eine ältere Studie war noch zum knapp dreifachen Wert gekommen. Die etwa 100.000 pathologischen Spieler verteilen sich "zu gleichen Teilen auf Sportwetten, Casinospiele und Geldspielgeräte in Spielhallen (je etwa 25-30.000) sowie mit weitem Abstand auf Lottospiele (etwa 12.000)".
Für Wien werden zwischen 9000 und 17000 pathologische Glücksspieler angenommen. Der durchschnittliche Schuldenstand eines Süchtigen wird auf 50.000 Euro geschätzt. Es gibt geschätzt 6000 Automaten in Österreich, und geschätzt fünf Millionen Computer, die als Online-Glücksspielautomaten dienen können.
In Finnland, wo das staatliche Glücksspielmonopol sämtliche, auch z. B. in Gaststätten aufgestellte Spielautomaten umfasst, betrug 2008 der Anteil pathologischer Spieler in den Altersklassen von 15 bis 74 Jahren 2% (2006 und 2007 waren es sogar 3%).
Der Schutz der Spieler wird durch einen Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV) geregelt, den die Bundesländer geschlossen haben und der am 1. Januar 2008 in Kraft getreten ist. Der Staatsvertrag folgt den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Demnach ist das staatliche Glücksspielmonopol nur durch eine konsequente und glaubhafte Erfüllung der staatlichen Suchtprävention zu rechtfertigen.
Für den Bereich der gewerblich aufgestellten Spielautomaten, bei denen es sich rechtlich nicht um Glücksspiele handelt, wird der Spielerschutz durch die Bestimmungen der Gewerbeordnung sowie der Spielverordnung reglementiert. Dort werden für die Aufstellung von Spielautomaten in Gaststätten bzw. Spielhallen Vorgaben gemacht. Dort ist unter anderem geregelt:
Der Spielsüchtige beschäftigt sich oft mit Glücksspiel und mit "verbesserten" Spieltechniken. Es wird versucht, Geld für das Spielen zu beschaffen, wobei es zu Diebstählen, Überschuldung und Betrug kommen kann. In extremen Fällen werden Beruf und Familie vernachlässigt, weil das Glücksspiel den Alltag bestimmt.
Im Strafverfahren kann das Vorliegen einer solchen Verhaltenssucht ? im Hinblick auf die Schuldfähigkeit ? dann beachtlich sein, wenn die begangenen Straftaten der Fortsetzung des Spielens dienen (vgl. Bundesgerichtshof, NStZ 1994, 501, Bundesgerichtshof, JR 1989, 379 m. Anm. Kröber, Oberlandesgericht Hamm, NStZ-RR 1998, 241). In jüngster Zeit hat der Bundesgerichtshof die Voraussetzungen restriktiv formuliert, gleichzeitig aber auch die Möglichkeiten der Eingliederung der Erkrankung in die Systematik des §20 des deutschen StGB (Schuldunfähigkeit) klargestellt:
"Eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit ist beim pathologischen Spielen nur ausnahmsweise dann gegeben, wenn die Sucht zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen geführt oder der Täter bei Beschaffungstaten unter Entzugserscheinungen gelitten hat". Bei der Beurteilung dieser Frage komme es darauf an, "inwieweit das gesamte Erscheinungsbild des Täters psychische Veränderungen der Persönlichkeit aufweist, die pathologisch bedingt oder ? als andere seelische Abartigkeit ? in ihrem Schweregrad den krankhaften seelischen Störungen gleichwertig sind." (red. Leitsatz zu NStZ 2005, 281).
Zur Klärung dieser Frage muss das erkennende Gericht in diesen Fällen einen Sachverständigen hinzuziehen.
Für die USA zeigte eine Literaturübersicht von Williams aus dem Jahr 2005, dass ein Drittel der Inhaftierten die Kriterien für pathologisches Spielen erfüllt und von diesen die Hälfte ihre Straftaten beging, um dieses aufrechterhalten zu können.
Pathologisches Spielen ist ein verbreitetes Motiv in Literatur und Film. Eine literarische Verarbeitung findet sich z. B. in Dostojewskis Roman Der Spieler (1866),in "Auf Wiedersehen im Cyberspace" von Gillian Cross und in Peter Careys Roman Oscar und Lucinda (1988; verfilmt als Oscar und Lucinda). Zu den Filmbeispielen zählen Schicksalswürfel (1929), Die blonde Sünderin (1962) und Das einzige Spiel in der Stadt (1970).
Dieser Text ist aus der Wikipedia - zum Original, Autoren.
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