Ambulanz zur Behandlung von Computerspiel- und Internetsucht

Am Klinikum der Johannes Gutenberg-Universität Mainz wurde heute eine neue Spielsucht-Ambulanz eröffnet. Hier wird künftig nicht nur das Pathologische Glücksspiel, sondern erstmalig in Deutschland auch das Störungsbild Computerspiel- bzw. Internetsucht gruppentherapeutisch behandelt. Damit reagiert das Universitätsklinikum auf den aktuell steigenden Bedarf der Betroffenen, die an Computerspielsucht leiden, und will mit dem neuen Angebot eine existierende Versorgungslücke schließen. Angesiedelt ist die neue Ambulanz unter Leitung von Prof. Dr. Manfred E. Beutel und Dipl.-Psych. Klaus Wölfling an der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie.

?In den letzten Jahren ist der Bedarf an Beratung und psychotherapeutischen Interventionen bei Betroffenen mit exzessivem bzw. süchtigem Computerspielverhalten im Kindes- und Jugendalter sowie bei jungen Erwachsenen stark angestiegen?, warnt Diplom-Psychologe Klaus Wölfling, psychologischer Leiter der neuen Ambulanz. ?In diesem Zusammenhang deuten verschiedene wissenschaftliche Studien unserer Forschungsgruppe zum Symptomkomplex ?Computerspielsucht? darauf hin, dass etwa 6 bis 9 Prozent der untersuchten Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die aktiv am Computer spielen, die Kriterien einer Abhängigkeit in Bezug auf ihr Computerspielverhalten erfüllen."

Diese Auftrittshäufigkeiten decken sich mit den Ergebnissen verschiedener nationaler und internationaler Forschungsgruppen. Auch die renommierte American Medical Association (AMA) befasste sich kürzlich mit der Aufnahme einer Diagnose ?Computer- / Videospielsucht? in den Kriterienkatalog psychischer Störungen. Eine Anerkennung dieses Störungsbildes im anglo-amerikanischen Raum wäre auf gesundheitspolitischer Ebene auch für Deutschland richtungsweisend. Aufgrund der noch zu geringen Datenlage wurde die Einführung der neuen Diagnose bisher noch nicht berücksichtigt.

?In unserer täglichen Arbeit häufen sich Anfragen hinsichtlich der exzessiven und inadäquaten Nutzung moderner Medien vor allem im Kinder- und Jugendbereich?, unterstreicht  Prof. Manfred Beutel, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Klinikum der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Bisher habe sich hier nicht die Möglichkeit geboten, eine zielgenaue und qualifizierte psychotherapeutische Behandlung des Symptomkomplexes anzubieten. So bestehe trotz steigender Fallzahlen in der medizinischen Versorgung und in den Anlaufstellen der Suchtkrankenhilfe aktuell ein Versorgungsdefizit für Patienten mit suchtartigem Computerspielverhalten.

Diese Situation soll die neue Ambulanz an der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie nun ändern. Dabei werden im Rahmen eines Modellprojektes erstmalig in Deutschland ambulante Gruppentherapien für Computerspiel- und Internetsucht für Jugendliche sowie junge Erwachsene angeboten. Aufgrund der noch fehlenden gesundheitspolitischen Anerkennung dieses Störungsbildes besteht hier eine Versorgungslücke im psychotherapeutischen Angebot. Ziel des Modellprojektes ist es, diese Lücke zu schließen. Dazu wird bei der ambulanten Behandlung ein Therapiekonzept mit dem Schwerpunkt Verhaltenstherapie zum Einsatz kommen. Darüber hinaus wird im Rahmen der Eröffnung der Ambulanz für Spielsucht eine ambulante Gruppentherapie für das Störungsbild Pathologisches Glücksspiel bei Erwachsenen angeboten, die als reguläre Einrichtung allen Betroffenen offen steht.

Die Ambulanz, die derzeit auf dem Campus der Universität untergebracht ist und später auf das Gelände der Universitätsklinik umziehen soll, trägt den Namen der kürzlich unerwartet verstorbenen renommierten Wissenschaftlerin Frau Prof. Dr. Sabine M. Grüsser-Sinopoli. ?Mit dem Konzept einer ambulanten Versorgung von computer- und glücksspielsüchtigen Patienten wollen wir die engagierte und anwendungsbezogene Arbeit von Frau Prof. Grüsser-Sinopoli auch künftig fortsetzen und ihr Andenken bewahren?, so Prof. Beutel.

Johannes Gutenberg-Universität
Artikel vom 3. März 2008

 

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