Scopolamin

Scopolamin, auch Hyoscin, ist ein Tropan-Alkaloid, das in Nachtschattengewächsen, wie Stechapfel, Bilsenkraut oder Alraune, sowie insbesondere in den Engelstrompeten (Brugmansia) vorkommt und künstlich hergestellt werden kann. Chemisch gesehen ist es ein Ester des Scopins und der Tropasäure und nahe verwandt mit Atropin.

Die tödliche Dosis ist für den Menschen etwa so hoch wie die von Hyoscyamin und soll bei etwa 100 mg liegen.

Scopolamin wirkt bei niedriger Dosierung leicht beruhigend und hemmend auf das Brechzentrum im Gehirn. Bei höherer Dosierung wirkt es dämpfend und sorgt für einen Zustand der Apathie. Da es in diesem Fall auch für einen Zustand der Willenlosigkeit sorgen kann, wurde es in den 1950er Jahren bis zum Aufkommen von Natrium-Pentothal als Wahrheitsserum eingesetzt.

Vor Jahrzehnten wurde Scopolamin gemeinsam mit morphinbasierten Präparaten zur Beruhigung von hocherregten geistig Kranken verwendet. Bei Parabelflügen wird Scopolamin (früher zusammen mit dem rezeptpflichtigen Arzneistoff Dexamphetamin, heute mit Koffein) verabreicht, um den Verdauungstrakt zu beruhigen.

Wirkung

Die Wirkung von Scopolamin geht auf seine antagonistische Wirkung auf muscarinische Acetylcholinrezeptoren zurück. Genau wie Atropin wirkt es als kompetitiver Hemmstoff.

Scopolamin hat folgende Nebenwirkungen (Dosis unter 5 Milligramm, nicht-subkutan):

  • Mundtrockenheit
  • Sehstörungen
  • Halluzinationen
  • Koordinationsstörungen
  • Probleme bei der Entleerung der Blase (Miktionsstörungen)
  • Juckreiz
  • Delirante Zustände
  • Gedächtnisstörungen (Paramnesien)

Therapeutische Anwendung

  • Scopolamin wird in der Augenheilkunde wie Atropin in Augentropfen (Boro-Scopol®) als Mydriatikum zur Pupillenerweiterung angewendet.
  • Außerdem gibt es ein transdermales Pflaster (Scopoderm TTS®) gegen Reisekrankheiten, da es den Brechreiz unterdrückt.
  • Scopolamin wird in der Palliativmedizin (subcutan oder als transdermales Pflaster) eingesetzt, um die rasselnde Atmung („Death Rattle“) in der Terminalphase des Lebens abzumildern. Die Wirkung beruht auf der Hemmung der Speichelproduktion (antisalivatorischer Effekt).
  • Quartäre Derivate des Scopolamins wie zum Beispiel das N-Butylscopolamin werden als Mittel gegen Krämpfe glatter Muskulatur, sogenannter Koliken eingesetzt. Aufgrund ihrer stetigen positiven Ladung am quartären Stickstoff sind sie, unabhängig von ihrer Umgebung, so polar, dass sie die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden können. Butylscopolamin ist daher im Gegensatz zu Scopolamin nicht zentral wirksam.

Vor einer missbräuchlichen Einnahme als Rauschdroge ist zu warnen. Da der Gehalt in einzelnen Pflanzen stark variieren kann und auf Grund der relativ geringen therapeutischen Breite können sich schwere Nebenwirkungen einstellen. Die Scopolaminvergiftung äußert sich als Parasympatikusblockade wie Pupillenerweiterung bzw. Akkommodationsstörungen und Trockenheit der Schleimhäute. Schließlich kommt es zu einer tiefen Bewusstlosigkeit und Tod durch Atemlähmung. Die Therapie gleicht der bei einer Atropinvergiftung: Nichtmedikamentöse Temperatursenkung, künstliche Beatmung bei drohender Atemlähmung und Gabe des Antidots Physostigminsalicylat.

Berichte über den Missbrauch der Droge

Nach Berichten wurde in Ländern Lateinamerikas Scopolamin – dort auch „Burundanga“ genannt – von Kriminellen benutzt, um Opfer in Trance zu versetzen und willenlos zu machen. Verabreicht wird das geruchs- und geschmacklose Mittel mit Speisen und Getränken oder es wird über präparierte Zigaretten inhaliert. Seit 2009 fehlen glaubhafte Berichte, dass diese Droge in Nordamerika oder Europa von Kriminellen verwendet wird.

In Umlauf gesetzte Meldungen über die mögliche Drogeneinnahme per Hautkontakt, wie etwa über getränkte Visitenkarten, sind falsch. Zum Jahreswechsel 2008/2009 stellten mehrere US-amerikanische Polizeistationen klar, dass die ursprüngliche Meldung nicht von ihnen stamme und Mitarbeiter selbst auf die Falschmeldung hereingefallen seien.


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