Morphin

Morphin ist das Haupt-Alkaloid des Opiums und zählt damit zu den Opiaten. Es wirkt als Opioid und wird in der Medizin als eines der stärksten bekannten natürlichen Schmerzmittel (Analgetikum) eingesetzt. Es war das erste in Reinform isolierte Alkaloid und damit der Anfang einer damals neuen wissenschaftlichen Disziplin, der Pharmakologie.

Klatschmohn. Dieser wächst in Deutschland und enthält nicht das im Schlafmohn enthaltene Morphin.
Klatschmohn. Dieser wächst in Deutschland und enthält nicht das im Schlafmohn enthaltene Morphin.

Morphin wurde erstmals 1803 vom deutschen Apotheker Friedrich Wilhelm Adam Sertürner isoliert. Dieser benannte den Stoff nach Morpheus, dem griechischen Gott der Träume. 1846 bekam die Droge den Namen "Morphium", der heute nur noch umgangssprachlich gebraucht wird.

Vorkommen und Biosynthese

Morphin wird aus Opium, d.h. aus dem getrockneten Milchsaft des Schlafmohns (Papaver somniferum), gewonnen. Die Totalsynthese ist aufwendig und liefert geringe Ausbeuten ? bei der Fuchs-Synthese beträgt sie ca. 10 %. Die Ausgangsstoffe dazu sind Phenylalanin und 4-Hydroxyphenyl-acetaldehyd. Dabei ist Norcoclaurin ein wichtiges Zwischenprodukt. Über Reticulin werden dann die Morphinan-Alkaloide gebildet, zu denen das Morphin gehört. Auch Menschen und Säugetiere können Morphin enzymatisch aus L-Tyrosin und L-Dopa aufbauen.

Anwendung

Morphin wird zur Behandlung von starken und stärksten Schmerzen verwendet; es hat keinen so genannten Ceiling-Effekt. Als Darreichungsformen gibt es Retardkapseln, -tabletten, Tropfen, Retard-Granulat, Zäpfchen, morphinhaltige Klebepflaster sowie Injektionslösungen.

Im Vergleich zu anderen Ländern wird in Deutschland wenig Morphin verschrieben. Zum Beispiel ist die verordnete Gesamtmenge für Tumorpatienten in Dänemark siebenmal höher. Schätzungen zufolge könnten in Deutschland bis zu einer Million Menschen auf die Gabe von Opiaten angewiesen sein. Die 1996 verschriebene Menge an entsprechenden Medikamenten gewährleistete eine Behandlung von höchstens 150.000 Patienten.

Der Grund hierfür kann sowohl in der nach heutiger Lehrmeinung unbegründeten Angst vor starken Nebenwirkungen, als auch im bürokratischen Verschreibungsverfahren, das speziell zu beantragende Betäubungsmittelrezeptformulare erfordert, liegen. Umfragen Ende der 90er Jahre haben gezeigt, dass lediglich ein Drittel der niedergelassenen Allgemeinmediziner über die notwendigen BtM-Formulare verfügt, bei den Chirurgen waren es sogar nur 10%.

Die wesentlichste Nebenwirkung ist die Obstipation. Daher sollte bei jeder Morphintherapie ein Abführmittel mitverordnet werden. Bei chronischen Schmerzen sind retardierte Morphine zu bevorzugen. Die Behandlung mit Morphin sollte nach den WHO-Prinzipien erfolgen, d. h. nach einem abgestuften Titrierplan, sowohl die Dosissteigerung wie auch die Dosisreduktion um Nebenwirkungen zu vermeiden.

  • möglichst orale Applikation
  • individuelle Dosierung

Pharmakologie

Morphin wirkt zentral als Agonist an Opioidrezeptoren. Dadurch wird die Schmerzweiterleitung verhindert und das Schmerzempfinden des Patienten gesenkt. Daneben wirkt Morphin auch im peripheren Nervensystem, wo es die Schmerzempfindlichkeit der Nervenenden herabsetzt.

Unerwünschte Nebenwirkungen sind:

  • Risiko der Suchtentwicklung
  • Atemdepression
  • Verstopfung
  • Bewusstseinsstörungen wie (Halluzinationen, Dysphorie)
  • Blutdruckabfall

Morphin unterdrückt den Hustenreiz (antitussive Wirkung). Zu Beginn der Therapie kommt es zu Übelkeit und Erbrechen, da Morphin direkt auf das Brechzentrum im Hirnstamm wirkt. Nach einiger Zeit lässt diese Nebenwirkung allerdings nach, da Morphin schließlich das Brechzentrum selbst lähmt.

Bei Patienten mit starken Schmerzen treten die meisten dieser Probleme in den Hintergrund, da der Schmerzreiz die Atmung stimuliert und so die eigentlich tödliche Atemlähmung praktisch nicht eintritt. Moderne Retardpräparate, die für konstante Wirkspiegel im Blut sorgen, minimieren die Suchtgefahr, die bei Patienten mit infauster (sehr schlechter bis hoffnungsloser) Prognose ohnehin keine Rolle spielt.

Vergiftung

Sollte eine Morphinvergiftung vorliegen, kann man diese durch Gabe von Naloxon behandeln. Naloxon wirkt als kompetitiver Antagonist, verdrängt also Morphin von den Opiatrezeptoren, und hebt dadurch dessen Wirkung auf. Dabei sollte vorsichtig dosiert werden. Wird zu viel Naloxon verabreicht, kann der (Morphiumsüchtige) Konsument von der Überdosis direkt in den Entzug übergehen. Weiterhin ist zu beachten, dass die Halbwertszeit von Naloxon deutlich unter der von Morphin liegt, der Patient also kurzzeitig beschwerdefrei ist, aber nach dem Nachlassen der Wirkung von Naloxon wieder an einer Überdosierung mit Atemstillstand leiden kann. Eine längere Beobachtung bei Morphinintoxikationen ist deshalb Pflicht, häufig wird zur Sedation und zur Linderung einer etwaigen Entzugssymptomatik die gleichzeitige Gabe von Diazepam (Handelsname Valium) gefordert.

Die für einen durchschnittlichen Erwachsenen tödliche Morphindosis liegt bei oraler Aufnahme bei 0,2 g (bis 1,5g bei Menschen mit einer Toleranz), nach parenteraler Applikation bei 0,1 g. Fuer Säuglinge können schon 2 bis 3 Tropfen Opiumtinktur tödlich sein.

Verwandte Substanzen

Heroin ist ein Derivat des Morphins. Es wird durch Acetylisierung aus Morphin gewonnen.

Rechtsstatus

Morphin ist ein Betäubungsmittel und unterliegt dem BtMG, es ist aufgeführt in Anlage 3. Es kann vom Arzt verschrieben werden. Handel und Besitz sind ohne BtM-Rezept strafbar.



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