Obstler

Obstler ist die Bezeichnung für Obstbrand, das ist ein Schnaps, der aus verschiedenen Früchten, wie z. B. Birnen, Äpfeln oder Zwetschgen, hergestellt wird, indem die Früchte gemaischt werden, die Maische einer alkoholischen Gärung unterworfen wird und dann daraus durch Destillation ("Brennen") ein Schnaps gewonnen wird.

Die verschiedenen Arten von Obstbränden sind unter Spirituose aufgeführt. Die Qualität eines Obstbrandes hängt wesentlich von der Qualität der zur Herstellung verwendeten Früchte ab. Das Brennobst sollte die optimale Genussreife erreicht haben, damit ein ausgeprägtes und sortentypisches Aroma vorhanden ist. Je höher der Zuckergehalt, desto größer ist die Alkoholausbeute. Um Branntweinfehler zu vermeiden, muss das Obst frei von Erde, Gras und Blättern sein. Unreife, faule, verschimmelte und schlecht ausgebildete Früchte sind nicht geeignet. Sie enthalten wenig Zucker und kaum gute Aromastoffe. Neben dem Einsatz von Obst und der dazugehörigen Maische, werden außerdem Reinhefe, Säuren und Enzyme eingesetzt.

Verwendete Früchte

  • Äpfel, z. B.: Rheinischer Bohnapfel, Rambour, Gravensteiner, sämtlich Renetten, Brettacher, Cox Orange, Kaiser Wilhelm, Trierer Weinäpfel
  • Birnen, z. B.:Weinbirne, Mostbirne, Gelbmöstler, Alexander Lucas Birne, Flaschenbirne, Conference, Williams Christbirne
  • Kirschen
  • Zwetschgen
  • Mirabellen

Der durchschnittliche Einkaufspreis für Obstbrennereien liegt bei Äpfeln pro Kilo ca. bei 0,05 ? und bei Birnen ca. bei 0,04 ? (im Jahr 2004).

Verfahren und Abläufe der Produktion

Ab September bis in die Wintermonate, je nach Obstsorte und Klimabedingungen wird das Obst geerntet. Äpfel und Birnen werden aufgesammelt und anschließend gesäubert, um Fehlgärungen und Aromaverluste zu vermeiden. Durch eine Obstmühle wird das Obst in Maische umgewandelt. Hierbei werden Teile der Zellen aufgespalten, Zucker wird für die Gärung frei. Die Maische wird durch Zugabe von Enzymen verflüssigt. Außerdem wird Säure hinzugefügt, um die Maische vor dem mikrobiologischen Verderb zu bewahren. In der Brennmaische befinden sich neben den erwünschten Hefen auch einige nicht erwünschte. Damit sich diese bei der Gärung nicht durchsetzen, gibt man der Maische Reinhefe hinzu. Die eigentliche Gärung erfolgt in sterilen, geschlossenen Gärbehältern bei etwa 20 °C. Dies geschieht durch die in der Hefe enthaltenen Enzyme unter Luftausschluss. Um eine Essigsäuregärung zu vermeiden und um die Fruchtaromen zu erhalten, müssen anaerobe Bedingungen vorhanden sein (das heisst Sauerstoff ausgeschlossen werden) und die Temperatur konstant gehalten werden. Je nach Obstart dauert eine Gärung 2-3 Wochen. Bei der Destillation gewinnt man den in der Maische entstandenen Ethanol sowie Geschmacks- und Aromaträger.

Destillation

Die Destillation ist eine Trennung von flüssigen Stoffen über die Gasphase durch thermische Behandlung. Dafür wird ausgenutzt, dass die zu trennenden Stoffe unterschiedliche Siedepunkte haben. Alkohol siedet bei 78,3 °C. Der Unterschied zwischen Sieden und Verdunsten besteht darin, dass die Verdunstung nur an der Flüssigkeitsoberfläche und das Sieden auch im Inneren der Flüssigkeit stattfindet. Beim Destillieren verdampfen Alkohol und Wasser als binäres Gemisch, also als Zweistoffgemisch, in dem jedoch der Alkohol einen größeren Anteil hat als Wasser, weil Alkohol bei der Siedetemperatur einen höheren Dampfdruck hat als Wasser. Bei der Destillation der vergorenen Maischen wird das Ziel verfolgt, den in ihnen enthaltenen Alkohol möglichst weitgehend abzutrennen und dabei zu konzentrieren. Typische, wertbestimmende Aromakomponenten flüchtiger Natur sollen mit in das Destillat überführt werden, während qualitätsmindernde Nebenbestandteile der alkoholischen Gärung oder unerwünschte Stoffwechselprodukte schädlicher Mikroorganismen möglichst in dem Destillatrückstand, der Schlempe, verbleiben, bzw. separat durch destillative Maßnahmen abgetrennt werden sollen.


Die Bestandteile einer Maische lassen sich ganz grob in flüchtige und nichtflüchtige Stoffe einteilen. Nichtflüchtige Stoffe sind solche, die während einer Destillation nicht dampfförmig werden und somit nicht aus der Maische entfernt werden können. Zu ihnen gehören alle festen Maischebestandteile, wie Kerne, Schalen, Fruchtfleischreste, Hefezellen und andere Mikroorganismen. Aber auch flüssige oder lösliche Stoffe wie zum Beispiel Glycerin und Bernsteinsäure als Nebenprodukte der alkoholischen Gärung, Aminosäuren als Stoffwechselprodukte der Hefe, gewisse organische Fruchtsäuren (Milchsäure, Apfelsäure) als Inhaltsstoffe des Obstes oder als Stoffwechselprodukte schädlicher Mikroorganismen. Rohstoffkomponenten wie Cellulose, Pektine, Mineralstoffe, Eiweiß, phenolische Stoffe, Farbstoffe usw. finden sich nach der Beendigung der Destillation mit den anderen nichtflüchtigen Stoffen in der Schlempe wieder. Wesentlich größere Bedeutung haben aber flüchtige Maischestoffe, die bei der Erhitzung in den dampfförmigen Zustand übergehen und in dieser Form von den nichtflüchtigen Stoffen durch Destillation abgetrennt werden können. Die zu destillierende Maische besteht überwiegend aus Wasser. Der Alkoholgehalt liegt bei ca. 3-9%. Bekannte flüchtige Komponenten wie Aldehyde, Ester, höhere Alkohole von Fuselölcharakter und flüchtige organische Säuren, z. B. Essigsäure, sind wichtige Aromakomponenten für Obstbrände.

Es gibt zwei Hauptarten der Destillation, das Pot-Still-Verfahren und das Patent-Still-Verfahren. Das Pot-Still-Verfahren wird weniger zur Massenherstellung von Obstbränden genutzt. Demgegenüber steht das Patent-Still-Verfahren, welches sich besser zur Massenproduktion eignet. Beim Pot-Still-Verfahren wird der Alkohol durch zwei oder mehr Brennvorgänge, je nach Spirituosenart unterschiedlich destilliert (beim Obstler in zwei Schritten). Die Maische wird in einer aus Kupfer bestehenden Brennblase erhitzt. Der große Nachteil ist die notwendige, penible Reinigung der Brennblase zwischen den einzelnen Brennvorgängen. Im Patent-Still-Verfahren hingegen besteht die Möglichkeit, durch Kupfersäulen kontinuierlich zu destillieren. Hier kann der Brennvorgang ohne Unterbrechung durchgeführt werden. Deshalb ist dies besonders für die Herstellung von großen Mengen vorteilhaft.

Man bezeichnet beim Brennen die zuerst bei noch relativ niedriger Temperatur übergehende Fraktion als Vorlauf, die bei etwas höherer Temperatur übergehende Hauptfraktion als Mittellauf und die bei weiterer Erhöhung der Siedetemperatur noch übergehende Fraktion als Nachlauf. Beim Feinbrennen ist es ganz wichtig, dass langsam anheizt wird, damit nur die leicht flüchtigen unerwünschten Stoffe, wie Acetaldehyd, Essigsäureester usw. im Vorlauf abgeschieden werden. Wird zu stark angeheizt, gehen mit den unerwünschten leicht flüchtigen Stoffen auch fruchtige Aromastoffe in den Vorlauf und sind somit für den nachfolgenden Feinbrand verloren. Hier ist es besonders wichtig, dass gleichmäßig weiterheizt wird. Im Mittellauf befinden sich die gewünschten Bestandteile, wie Trinkalkohol (Siedepunkt bei ~78 °C) und Aromastoffe. Der Mittellauf beginnt mit 70 - 80 % vol. Alkohol und sinkt mit dem Brennverlauf langsam ab. Das Ende des Feinbrandes ist bei Kernobst zwischen 45 - 50 % vol., bei Steinobst bei 50 - 55 % vol Alkohol erreicht. Als Nachlauf wird der Anteil bezeichnet, der unter 45 % vol abläuft. Nachlauf wird bis minimal 25 % vol Alkohol gebrannt. Der Nachlauf wird nicht dem nächsten Rauhbrand zugegeben, da dies den Anteil der gefürchteten Fuselöle erheblich erhöht.

Destillatlagerung

Die gewonnenen Destillate sollten nicht sofort auf Trinkstärke verdünnt und filtriert werden. Sie müssen erst einer Lagerung unterzogen werden, damit ihr rauer Geschmackseindruck eine Milderung erfährt. Die aromaverbessernden Vorgänge benötigen viel Zeit. Die Lagerung dauert 4-8 Monate und erfolgt bei 10-15 °C in Glasballons oder Edelstahltanks. Während der Destillationslagerung gehen eine Reihe chemischer Prozesse vor sich, die zu einer besseren Aromabildung beitragen. Durch die Lagerung gewinnen die Destillate an Güte und sind meist weicher und abgerundeter im Geschmack. Eine wichtige Rolle bei der Verstärkung und Neubildung von Aromastoffen im Zuge der Lagerung kommt der Anwesenheit von Luftsauerstoff zu. Wichtige chemische Umsetzungen, die Reifungsvorgänge begünstigen, sind Veresterungen und Acetalisierungen. Bei der Esterbindung verbinden sich Fruchtsäuren und Alkohole, auch Fuselalkohole, unter Wasseraustritt zu verschiedenartigen aromatischen Substanzen. Acetale entstehen demgegenüber aus der Verbindung von Alkoholen mit Aldehyden, wobei ebenfalls Wasser abgespalten wird. Besonders im Hinblick darauf, dass durch diese Reaktion dem unangenehmen Acetaldehyd viel von seiner Wirkung genommen wird, kommt der Acetalisierung eine beträchtliche aromaverbessernde Wirkung zu. Die Reifungsvorgänge vollziehen sich sowohl in hochprozentigen als auch in verdünnten Destillaten. Es ist deshalb nicht erforderlich, Mittelläufe vor der Lagerung mit Wasser auf niedrigere Alkoholkonzentration herabzusetzen.

Verdünnen auf Trinkstärke

Das beim Brennen gewonnene Destillat ist in der Regel durch die hohe Alkoholkonzentration nicht zu Trinkzwecken geeignet. Deshalb werden die Destillate mit Wasser, meistens mit reinem Quellwasser oder destilliertem Wasser, auf Trinkstärke verdünnt. In Betrieben mit destilliertem Wasser wird das Herabsetzen auf Trinkstärke vor dem Filtrieren durchgeführt. Destilliertes Wasser wird genommen, weil es frei von Salzen und Spurenelementen ist. Würde man Leitungswasser zusetzen, wäre der Obstler sofort leicht trüb. Der Alkohol im Obstler hebt das Löseverhalten der Wasserinhaltsstoffe auf und lässt sie ausflocken. Beispiel: Obstbrände werden auf ca. 38-42 % vol herabgesetzt. 15 l Destillat mit 65 %, gewünscht = 38 % Rechnung: 65 % x 15 l = 25,66 l

Mit höherem Alkoholgehalt kann der Alkohol zu "scharf" oder "dominant" wirken, dies hat oft zur Folge, dass die wertvollen Fruchtaromen überdeckt werden. Bei niedrigerem Alkoholgehalt schmecken die Obstbrände vielfach "leer", "fad" oder sogar "klebrig". Der eingestellte Alkoholgehalt kann auch gesetzliche Hintergründe haben (z. B. wegen gesetzlich geschützter Herkunftsbezeichnung).

Filtration

Dennoch lassen sich meist gewisse Trübungen nicht vermeiden. Diese Trübungen hängen natürlich stark von den Inhaltsstoffen des Brandes ab. Daher wird der Obstbrand zum Abschluss noch filtriert. Die beste Filtrierung wird wie folgt erreicht: Zunächst wird der trinkfertige Obstbrand auf ca. - 6 °C gekühlt und danach erfolgt die Filtrierung durch einen Mikrofilter. Dies garantiert die Klarheit eines Obstbrandes auch in gekühltem Zustand.

Biotechnologische Aspekte der Gärung

Neben den wilden Hefen befinden sich auf dem Obst auch viele andere Mikroorganismen (Kleinlebewesen). Diese können sich auch in der Maische vermehren und teilweise unerwünschte Stoffe bilden. Erst wenn sich die wilden Hefen entsprechend vermehren und Alkohol und CO2 gebildet haben, werden viele Mikroorganismen in ihrer Vermehrung gehemmt. Um die wilden Hefen zu unterstützen, setzt man noch Reinzuchthefen in der Form von Trockenhefe, Flüssighefe und Presshefe dem Maischeansatz zu. Durch den Zusatz von Reinhefen haben die unerwünschten Mikroorganismen kaum Zeit, sich zu vermehren. Dadurch entsteht ein reineres Gärprodukt. Zur Vermehrung der Hefezellen braucht man Stickstoff- und Phosphorverbindungen sowie Vitamine ( besonders Vitamin B1). Diese kann man zusammen mit Gärsalzen oder Hefenährstoffen zum Gäransatz zusetzen. Die Hefen bauen die Zucker zu Ethanol und CO2 ab. Der Zucker befindet sich in den unzähligen Zellen des Obstes, welche durch eine Kittsubstanz, das Pektin, zusammengehalten werden. Um den Gärvorgang zu beschleunigen, kann man die Spaltung des Pektins durch Enzymzusatz vornehmen. Dadurch wird der Zucker freigesetzt. Besonders Kernobst enthält sehr viel Pektin, so dass diese Maischen oft sehr dickflüssig sind. Bei der Gärung wird das Pektin langsam abgebaut, so dass die Maische dünnflüssiger wird. Hierdurch erreicht man

  • bessere Pumpfähigkeit
  • schnellere und vollkommenere Vergärung
  • verminderte Deckenbildung
  • bessere Wärmeübertragung beim Brennen durch die Dünnflüssigkeit
  • leichteres Einrühren von verschiedenen Maischebehandlungsstoffen.

In säurearmen Maischen können sich schädliche Mikroorganismen rascher vermehren. Durch Säurezusatz können sie gehemmt werden und es erfolgt eine reintönigere Gärung. Säurezusatz ist daher besonders für säurearme Früchte wie beim Apfel ?Golden Delicious? sehr zu empfehlen. Die Einstellung auf pH 2,8-3 wäre ein idealer Säureschutz. Das Problem ist aber, das bei einem Enzymzusatz die Enzymwirkung bei einem pH-Wert unter 3 stark gehemmt ist. Wenn das Obst sauber und gesund ist und die Maische sofort nach Gärungsende gebrannt wird, genügt ein pH-Wert von 3,2 bis 3,5 in der Maische. Bei diesem pH-Wert ist noch eine ausreichende Enzymwirkung gegeben. Sollte eine längere Maischelagerung notwendig sein, so kann bei Gärungsende noch Säure zugegeben werden, damit ein pH-Wert um 2,8 erreicht wird.

Bewertung

Der Urgedanke eines Obstbrandes, die Mühe und die Sorgfalt, die schon immer hinter diesem Verfahren stand, sollte nicht im Fluss der profitausgerichteten ?Fließbandproduktionen? untergehen. Wer auf ein qualitativ hochwertiges Produkt Wert legt, wird den Geschmack und das Aroma erkennen können und das Gekaufte zu schätzen wissen. Wer darauf aus ist, lediglich die Wirkung zu erfahren, braucht nicht selbst zu brennen und muss deshalb diese arbeitsintensive Art der Herstellung nicht betreiben. Interessant wäre es weiterhin zu diskutieren, ob bei Obstbränden genmanipulierte Früchte verwendet werden dürfen.



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