Karlsruhe Verfassungsrichter lockern Rauchverbot

Die Karlsruher Verfassungsrichter haben gestern eine Lanze gebrochen - für die Eckkneipe und gegen alle Eiferer eines totalen Rauchverbots. Und sie haben gut daran getan. Denn in der fast schon hysterischen Debatte der vergangenen Monate schienen die Grenzen immer mehr zu verwischen, ob Nichtraucher vor dem Gift des Passivrauchens zu schützen sind oder Raucher generell ihrem Laster entsagen sollen.

Ja, Rauchen ist gefährlich. Zumindest das erhöhte Krebsrisiko ist unzweifelhaft erwiesen. Und so ist es keine Frage, dass Nichtraucher vom blauen Dunst verschont bleiben müssen. Aber darf der Eingriff des Staates so weit reichen, alle Menschen quasi vor sich selbst zu schützen? So weit wollte keine Landesregierung gehen. Folglich sind die einschlägigen Gesetze von Schleswig-Holstein bis Bayern mit den verschiedensten Ausnahmen gespickt. Wer diesen Flickenteppich beklagt, der sei an den föderalen Aufbau unseres Landes erinnert - ein Bundesgesetz für einen einheitlichen Nichtraucherschutz in Gaststätten würde automatisch mit dem Grundgesetz kollidieren.

Nach dem Urteil steht es den Bundesländern weiter frei, für eine konsequente Lösung zu sorgen. Ein Rauchverbot ohne Ausnahmen hat das Verfassungsgericht ausdrücklich für rechtens erkannt. Nur ist die Wirklichkeit eben anders. Deshalb sagen die Richter zugleich, Ausnahmen gut und schön, aber bitte nicht so, sondern gerecht. Wenn der Betreiber eines großen Lokals einen Raucherraum einrichten darf, aber der Besitzer einer Eckkneipe wegen der beengten Verhältnisse keine Möglichkeit dazu hat, dann ist es um den Gleichheitsgrundsatz schlecht bestellt. Das gilt auch für eine Diskothek, der die Einrichtung eines Raucherraums von vornherein verwehrt bleibt, obwohl dafür genügend Platz wäre und die Gäste mindestens 18 Jahre alt sind.

Den Richtern vorzuwerfen, sie würden mit ihrem Urteil den Nichtraucherschutz noch weiter durchlöchern, geht an der Realität vorbei. Nichtraucher gehen vernünftigerweise nicht in Eckkneipen, an denen ein "R"-Schild prangt. Also müssen sie dort auch nicht geschützt werden. Dafür wurden bislang jedoch die Raucher vertrieben, was viele kleine Gastwirte in wirtschaftliche Schwierigkeiten brachte. Auch das hatte mit Nichtraucherschutz nichts zu tun. Sicher werden die Befürworter eines ausnahmslosen Rauchverbots nicht lockerlassen, um ihre Vorstellungen in sämtlichen Landesgesetzen zu verankern.

Es ist zu hoffen, dass sich die Regierungen, gleich welcher politischen Couleur, diesem Eifer nicht beugen, zumal ihnen die Verfassungsrichter einen salomonischen Ausweg gewiesen haben: Nichtraucher bleiben geschützt, ohne die unverbesserlichen Raucher gleichzeitig zu diskriminieren. Die bis Ende 2009 terminierten Ausnahmegebote werden sich so bewähren, dass sie politisch dann nicht mehr zurückzuholen sind. Damit hat Karlruhe einen entscheidenden Beitrag zum Rechtsfrieden geleistet.

Lausitzer Rundschau
Artikel vom 30. Juli 2008

 

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