Fast 1,9 Millionen Medikamentensüchtige in Deutschland

Anlässlich der veröffentlichten Studie der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) über mögliche Maßnahmen zur Reduzierung von Medikamentenmissbrauch und -abhängigkeit erklärt die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Sabine Bätzing, MdB: "Medikamentenmissbrauch und -abhängigkeit ist in Deutschland ein Massenphänomen. Es muss mehr getan werden, um die Betroffenen zu erreichen und ein öffentliches Bewusstsein für die Problematik zu schaffen."

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass es geschätzte 1,4 bis 1,9 Mio. Medikamentenabhängige in Deutschland gibt. Die größte Gruppe der Betroffenen, über 1 Million Menschen, ist abhängig von Schlaf- und Beruhigungsmitteln aus der Wirkstoffgruppe der Benzodiazepine. "Dies ist eine alarmierende Zahl," so Sabine Bätzing weiter. "Damit erreicht die Medikamentenabhängigkeit in Deutschland ein vergleichbares Ausmaß wie die Alkoholabhängigkeit. In der breiten Öffentlichkeit wird diese Krankheit jedoch nur wenig wahrgenommen. Es ist mir daher ein besonderes Anliegen, dass dieser Form der Sucht mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird und die Betroffenen von Aufklärungsmaßnahmen besser erreicht werden. Eine große Bedeutung kommt dabei auch den Ärzten und Apothekern zu, da sie die Verschreibung bzw. den Vertrieb der Medikamente kontrollieren. Ich begrüße ausdrücklich die laufenden Aktivitäten der Bundesärztekammer, die sich dieses Themas angenommen hat."

Die Bundesärztekammer wird voraussichtlich Ende dieses Jahres den Leitfaden "Schädlicher Gebrauch und Abhängigkeit von Medikamenten" veröffentlichen. Dieser richtet sich an die Ärzte und soll ihnen umfangreiche Hinweise zur Verschreibung von Medikamenten mit Missbrauchspotential an die Hand geben. Sabine Bätzing: "Die Umsetzung dieses Leitfadens werde ich aktiv unterstützen. Gemeinsam mit der Bundesärztekammer und der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände wollen wir Anfang des kommenden Jahres Gespräche führen, um weitere Schritte zur optimalen Umsetzung des ärztlichen Leitfadens zu besprechen. Wir werden prüfen, welche flankierenden Maßnahmen von Seiten des Bundesgesundheitsministeriums ergriffen werden können, um den Leitfaden erfolgreich in die ärztliche Praxis umzusetzen. Die vom Bundesministerium für Gesundheit in Auftrag gegebene Studie zu Medikamentenmissbrauch und -abhängigkeit zeigt deutlich den Bedarf der Auseinandersetzung mit diesem, in der Öffentlichkeit, oftmals vernachlässigten Thema. Es ist richtig und wichtig, dass wir uns noch mehr als bisher mit der Problematik beschäftigen."

Nach der Studie der DHS sind vor allem Frauen, insbesondere in höherem Alter, von der Sucht betroffen. Sie bekommen mehr problematische Medikamente verordnet und gebrauchen diese auch häufiger. Gerade in höherem Alter können die Beruhigungsmittel jedoch wegen ihrer muskelentspannenden Wirkung auch zu schweren und komplikationsreichen Stürzen führen.  Viele Frauen benutzen Schlaf- und Beruhigungsmittel, um die alltäglichen Belastungen in Familie, Partnerschaft und Beruf besser bewältigen zu können. Dabei gelingt es ihnen oftmals über lange Zeit, ihre Krankheit verborgen zu halten und im Alltag den Schein der Normalität aufrecht zu erhalten. Laut Studie ist es auch deshalb besonders schwierig, die betroffenen Menschen über die Gefahren des Langzeitkonsums durch gezielte Aufklärungsmaßnahmen zu erreichen.

Bundesministerium für Gesundheit
Artikel vom 13. November 2006

 

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