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Die Anorexia nervosa ist der medizinische Fachbegriff für Magersucht. Auch der Begriff Anorexia mentalis wird zur Bezeichnung verwendet. Anorexia Nervosa kommt aus dem Griechischen und bedeutet übersetzt nervlich bedingte Appetitlosigkeit.
Definition nach DSM-IV (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders)
Subtypen: restriktiver Typ, Binge-purging-Typ
Die Betrroffenen hungern genau so wie andere Menschen auch, nur versuchen sie ihren Hunger vollkommen unter Kontrolle zu bringen, so dass sie nur noch so wenig wie möglich essen müssen und verlieren bald das Gefühl für Hunger, bzw. lassen das Gefühl von Hunger nicht mehr zu. Magersucht ist durch einen absichtlich selbst herbeigeführten Gewichtsverlust gekennzeichnet. Am häufigsten ist diese Essstörung bei heranwachsenden Mädchen und jungen Frauen zwischen elf und 40 Jahren, sie tritt aber auch bei Männern immer häufiger auf. In letzter Zeit nehmen auch Berichte über die Zunahme von Anorexie-Erkrankungen bei Frauen über 40 Jahren zu.
Anorexie beginnt meist mit dem Wunsch, schlank zu sein oder zu werden, und einer Diät, um dies zu erreichen. Wird der Schlankheitswunsch zu stark, kann die Diät außer Kontrolle geraten. Im Zentrum der Störung steht dabei das verzerrte Körperbild der Erkrankten, das dazu führt, dass sie ihren Körperumfang selbst bei extremer Unterernährung konsequent überschätzen. Das ganze Leben der Betroffenen dreht sich nur mehr um Essen. Sie zählen jede Kalorie und haben ein schlechtes Gewissen, wenn sie einmal mehr gegessen haben. Bei Patienten zwischen zwölf und 20 Jahren sind die Heilungschancen sehr hoch, sie sinken jedoch mit dem Alter. Ebenso wirkt sich ein sehr früher Beginn, noch vor der Pubertät, sehr schlecht auf die Heilungschancen aus.
In Studien wurden insgesamt 35 bis 40 Prozent der betroffenen Frauen wieder weitgehend gesund (Normalgewicht und Wiedereinsetzen der Periode), auch wenn ein "normales" Essverhalten relativ selten erreicht wird. So vermeiden es Frauen, die einmal unter Anorexie litten häufig, im Beisein anderer Personen zu essen. Zu beachten ist jedoch auch die enorme Mortalitätsrate, die je nach Dauer der jeweiligen Studien 5-15% beträgt. Die Magersucht bleibt bei Freunden und Verwandten lange unbemerkt, anfangs wird sie sogar von ihnen durch positive Äußerungen verstärkt. Die kranke Person zieht sich vollständig zurück und ist nur noch mit ihren Kalorien beschäftigt. Zur Erkennung der Magersucht ist der Brocaindex besser geeignet als der Body Mass Index:
:Beispiel: Körpergröße = 180 cm ---> Normalgewicht [in kg] = 180 - 100 = 80 ---> Normalgewicht 80 kg
Der Austausch von Zahlenangaben zum eigenen Gewicht zwischen Betroffenen ist mit Vorsicht zu handhaben. Leicht kann das zu schädlichem Konkurrenzdenken (Wer hat das geringste Gewicht?) führen. Deshalb sind Gewichtsangaben und Indizes in Selbsthilfegruppen tabu.
Die genauen Gründe, die zu einer Magersucht führen, sind heute immer noch unklar. Es wird angenommen, dass mehrere Faktoren zusammenwirken müssen, damit sich die Krankheit entwickelt (Bio-Psycho-Soziales-Krankheitsmodell). Ausgelöst wird die Anorexia Nervosa häufig durch ein belastendes Ereignis und/oder nach einer Diät.
Einer der Gründe für die Entwicklung einer Magersucht ist sicherlich das aktuell vorherrschende, soziokulturell bedingte Schlankheitsideal und die Einstellung, dass das Aussehen des eigenen Körpers eine fundamentale Bedeutung für den eigenen Selbstwert sowie Erfolg in sozialen Beziehungen und im Beruf hat.
Außerdem stellt die Magersucht ein Kontrollmoment für die jeweilige Person dar. Man kann mit Kalorienzählen seinen Körper beherrschen und bekommt dadurch ein Gefühl der Selbstkontrolle.
In einigen Untersuchungen (Zwillings-Studien) wurde festgestellt, dass sehr häufig beide eineiige Zwillinge unter Essstörungen leiden. Dabei leiden 50 Prozent der eineiigen Zwillinge an Anorexie, wenn der andere Partner auch an dieser Erkrankung leidet, während diese Übereinstimmung nur in 10% zweieiiger Zwillingspaare gefunden wurde. Als biologische Grundlage wird unter Anderem ein Mangel des Nervenbotenstoffs Serotonin vermutet.
Weitere Gründe können ? oft zusätzlich zu den obigen sozialen Gründen ? tiefe psychische Konflikte, wie Eltern-Kind Beziehungskonflikte oder Traumata wie Vergewaltigung oder Misshandlung sein. Ähnlich wie beim selbstverletzenden Verhalten, das in solchen Fällen u.U. parallel entwickelt werden kann, ist dann die Magersucht ein begleitendes Symptom für ein tieferes psychologisches Problem, welches behandelt werden muß. Die Magersucht kann sich auch zusätzlich zu noch anderen Erkrankung entwickeln. So neigen z.B. auch depressive Persönlichkeiten dazu, eine Esstörung wie die Magersucht zu entwickeln, weil die Kontrolle über den Körper das einzige zu sein scheint, was noch übrig bleibt.
Bei Magersucht gibt es meist keine Krankheitseinsicht; die Person sieht das Hungern als Sieg über den eigenen Körper, über die Rolle als Frau oder als Mann und über das Erwachsenwerden. Darin wird auch ein starkes Autonomiebedürfnis ausgedrückt.
Magersucht muss unbedingt behandelt werden, weil sie lebensgefährlich sein kann und die körperlichen Schäden gravierend sind. Anorexie-Patienten magern stark ab, der Stoffwechsel wird verlangsamt, es treten erhebliche Mangelerscheinungen auf, Hautschäden können auftreten, die Knochen entkalken (Gefahr der Osteoporose), die Organe werden nicht mehr richtig mit Nährstoffen versorgt, die Fingernägel und Haare werden brüchig und Schwächeanfälle können auftreten. Bei Frauen Verzögerung oder gar Ausbleiben der Pubertätsentwicklung (Wachstumsstopp, fehlende Brustentwicklung, Ausbleiben der Periode (außer die Frau nimmt die Anti-Baby-Pille) sowie im Extremfall der Tod durch Versagen lebenswichtiger Organe. Personen die an Magersucht erkrankt sind kapseln sich auch sehr häufig von ihrem Umfeld bzw. Freundeskreis ab, daher ist es schwer für Aussenstehende an die betroffenen Personen heranzukommen oder ihr Verhalten zu verstehen.
Die Therapie umfasst neben einer Stabilisierung des Essverhaltens in der Regel eine psychotherapeutische Betreuung. Bei kritischem Untergewicht ist eine stationäre Behandlung in einem Krankenhaus mit einer parenteralen Ernährung notwendig. Diese Zwangsmaßnahme ist zur Lebenserhaltung ein wichtiges Mittel, ist ohne weiterführende psychotherapeutische Behandlung jedoch nicht dauerhaft wirksam. Oft werden systemisch, familientherapeutische Behandlungen empfohlen, die problematische Interaktionen in der Familie der Betroffenen für die Störung als Auslöser und als aufrechterhaltender Faktor als ursächlich ansieht. In diesem Kontext erscheint die Anorektische Patientin als Symptomträger einer Familie und ist demnach nicht alleine behandlungsbedürftig.
Ebenfalls kommen psychoanalytische Behandlungsansätze zum Einsatz. Diese sollen unbewusste Konflikte, die zur Entstehung des Symptoms geführt haben bewusst machen, und so eine weitere Reifung der Persönlichkeit ermöglichen. Auch kognitiv-verhaltenstherapeutische Behandlungen werden oft angewand, die zum Ziel haben, die verzerrte Körperwahrnehmung der PatientInnen zu beeinflussen, die Einstellungen zum Essen zu verbessern und Wege für eine bessere Konfliktbewältigung sowie soziale Kompetenzen zu vermitteln. Psychopharmakologische Therapien zeigten bisher aufgrund der fehlenden Krankeitseinsicht und der daraus resultierenden mangelnden Bereitschaft, an einer Therapie mitzuwirken (Compliance), keine positiven Effekte. Eventuell führen auch die Nebenwirkungen vieler Psychopharmaka, die oft mit Gewichtszunahme verbunden sind, zu einer mangelnden Compliance. Die fehlende Krankheitseinsicht führt bei vielen Betroffenen zu wiederholten Therapieabbrüchen.
Nach DSM-IV existieren zwei Unterkategorien der Anorexia Nervosa: 1. Anorexie vom restriktiven Typus: Sie zeichnet sich durch bloßes Verzichten auf Nahrung bzw. besonders hochkalorischer Nahrung aus. 2. Anorexie vom Purging Typus: Durch kompensatorische Verhaltensweisen, wie selbstinduziertes Erbrechen, Abführmittel oder Entwässerungsmittel wird der Kalorienaufnahme entgegengewirkt. Dabei ist ein deutlicher Gewichtsverlust zu beobachten.
Die Anorexie ist vor allem von anderen Essstörungen abzugrenzen. Dabei ist die Bulimia nervosa (Bulimie) von besonderer Bedeutung. Im Gegensatz zu bulimischen PatientInnen weisen AnorektikerInnen beider Subtypen einen erheblichen, manchmal lebensbedrohlichen Gewichtsverlust auf, auch wenn die Anorexie vom Purging-typus ähnliche Verhaltensweisen beinhaltet.
Die genaue Abgrenzung verschiedener Essstörungen voneinander macht nur im therapeutischen Kontext, im Rahmen einer aktuellen Therapie und deren momentaner Ziele Sinn, da oft beobachtet wird, dass PatientInnen während ihrer Entwicklung verschiedene Formen aufweisen. Oft findet man in der Vorgeschichte von BulimikerInnen eine Episode von Anorexie. Manchmal kommt es auch vor, dass Personen, die unter Adipositas litten, eine Anorexie oder Bulimie entwickeln oder umgekehrt.
Affektive Störungen wie Depression oder bipolare Störungen können auch zu erheblicher Gewichtsreduktion führen. Die Betroffenen weisen jedoch keine so verzerrte Körperwahrnehmung auf. Physiologische Störungen können ebenso zu Gewichtsverlust führen, beispielsweise ein Hirntumor oder Stoffwechselerkrankungen wie die Hyperthyreose.
Dieser Text ist aus der Wikipedia - zum Original, Autoren.
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