Direkt zu: Navigation, Suche
Anorexia nervosa, umgangssprachlich Magersucht, bedeutet "psychisch bedingte Appetitlosigkeit". Dabei sind bei den Betroffenen das Selbstbild und das Körperempfinden so gestört, dass sie sich als zu dick empfinden, obgleich sie an oft erheblichem Untergewicht leiden.
Die extreme Angst vor einer Gewichtszunahme führt dazu, dass der Gewichtsverlust und das Essen an sich zum Inhalt des Denkens und Handelns werden. Die Diagnose Anorexie wird gestellt, wenn das Körpergewicht des Betroffenen 15 Prozent unter dem altersüblichen Gewicht liegt.
Zuerst sind die physischen Auswirkungen der Magersucht zu erkennen, da die Betroffenen meistens sehr stark abnehmen. Nicht selten verlieren sie bis zu 45 Prozent ihres ursprünglichen Gewichtes. Einerseits reduzieren sie sehr drastisch ihre Nahrungsaufnahme und andererseits treiben sie in extremem Maße Sport. Es kommt oft zur Einnahme von Appetitzüglern oder Abführmitteln, manchmal auch zu selbst herbeigeführtem Erbrechen.
Zu Beginn erkennen Außenstehende die extreme Beschäftigung des Betroffenen mit dem Thema Essen noch nicht. Die Betroffenen versuchen die Krankheit zu verbergen. Sie nehmen zum Beispiel nie oder nur sehr selten gemeinsame Mahlzeiten mit anderen ein oder nehmen dann nur Nahrungsmittel auf, die einen sehr geringen Kaloriengehalt besitzen. Die Gedanken drehen sich stets darum, wie viele Kalorien aufgenommen werden dürfen oder wie man die neu aufgenommen Kalorien wieder loswerden kann. Fetthaltige Nahrung wird mit Ekel und Panik betrachtet, da sie zur Gewichtszunahme führen würde. Durch mehrere Schichten Kleidung übereinander bzw. sehr weite Kleidung soll das Fortschreiten der Gewichtsabnahme verdeckt werden.
Das Selbstwertgefühl ist sehr eng an das Gewicht gekoppelt, wodurch dieses bei einer Gewichtszunahme stark beeinträchtigt wird. Diese Beeinträchtigung tritt vor allem auch dann ein, wenn das Problem von Außenstehenden erkannt und der Betroffene darauf angesprochen wird. Magersüchtige sind insgesamt sehr streng mit sich und anderen. Auch die Leistung an sich steht im Vordergrund. Betroffene wollen sehr gute schulische Erfolge und andere sehr gute Leistungen erbringen, weshalb sie häufig unter Versagensängsten leiden. Für Anorexiepatienten gilt auch die Kontrolle des Gewichts und der Nahrungsaufnahme als besondere Leistung.
Je mehr der körperliche Verfall - verursacht durch den extrem betriebenen Sport und die geringe Nahrungsaufnahme - fortschreitet, desto häufiger leiden Magersüchtige unter Depressionen. Die Betroffenen werden nur anfangs von euphorischen Gefühlen begleitet, da sie sich freuen, jederzeit auf Essen verzichten zu können. Dies führt zu stark ausgebildeten Überlegenheitsgefühlen. Diese können soweit gehen, dass der Betroffene sich einbildet, er könne jederzeit wieder problemlos "normal" essen, würde er dies nur wollen.
Die Auswirkungen bzw. Risiken einer Anorexie sind breit gefächert und reichen von psychischen bis zu physischen Faktoren. Wenn sie vor der Pubertät auftritt, verzögert die Anorexie die körperliche Entwicklung der betroffenen Person stark. Das zeigt sich besonders dadurch, dass bei Frauen die Menstruation teilweise vollständig ausbleibt. Dies geschieht auch, wenn die Störung im höheren Alter auftritt. Ggf. kann es zur Unfruchtbarkeit kommen. Weitere körperliche Schäden können sein: verlangsamte Herzfrequenz, trockene Haut, flaumartige Behaarung und Haarausfall. Insbesondere in Verbindung mit übermäßigem Sport sind auch Herz-Kreislauf-Störungen möglich.
Durch die Kombination extremer sportlicher Betätigung und geringer Nahrungs- und Nährstoffaufnahme können auch Ohnmachtsanfälle auftreten. Durch die Aufnahme von Appetitzüglern, Abführmittel oder Wassertabletten kommt es zur Schädigung der Nieren und des Magen-Darm-Traktes. Abführmittel unterstützen die Gewichtsabnahme jedoch nicht, da sie erst wirken, wenn schon einer größerer Teil der Nahrung verdaut wird. Wassertabletten entziehen dem Körper nur Wasser, was zu einem erhöhtem Wasserdefizit und Elektrolytstörungen führen kann.
Auch psychische Auswirkungen sind möglich. Die Betroffenen leiden unter Depressionen, Unausgeglichenheit und zwanghafter Fixierung, da nur noch die Essensaufnahme im Mittelpunkt des Lebens steht. Wird die Anorexie nicht behandelt und im extremen Maße betrieben, führt sie in fünf bis 20 Prozent sogar zum Tod.
Es gibt diverse Behandlungsmöglichkeiten, die sich von ambulanten bis zu stationären Therapien erstrecken. Natürlich sollte die medizinische Seite nicht vernachlässigt werden, indem in regelmäßigen Abständen die Körperfunktionen kontrolliert werden. Die Behandlung ist bei jedem Betroffenen verschieden, da die Magersucht unterschiedlich ausgebildet sein kann. Auch das Umfeld und die psychische Verfassung sind ausschlaggebend für die Behandlungsform.
Allgemein haben rund 50 Prozent der Betroffenen bei einer Behandlung gute Heilungschancen. Bei weiteren 30 Prozent der Betroffenen kann eine Besserung des Gesundheitszustandes erreicht werden. Lediglich bei rund 20 Prozent der Magersüchtigen ist davon auszugehen, dass die Krankheit dauerhaft bleibt und eine Therapie nicht langfristig anschlägt.
In Deutschland gibt es laut Schätzungen über 100.000 Magersüchtige, wobei die Dunkelziffer vermutlich hoch ist. Von der Magersucht in ernster Ausbildung sind zwischen ein bis zwei Prozent der jungen Frauen und Mädchen betroffen. Schwache Symptome der Magersucht treten dagegen bereits bei vier Prozent dieser Gruppe auf. Insgesamt sind rund 95 Prozent der Betroffenen weiblich und gehören in vielen Fällen der oberen gesellschaftlichen Mittelschicht an. Bereits im Alter von zehn Jahren können erste Anzeichen einer Magersucht auftreten. Der Erkrankungsgipfel jedoch liegt bei einem Alter von 17 Jahren.
Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt.
Sein Inhalt darf nur nach vorheriger Genehmigung durch Suchtmittel.de verwertet werden.
Dieses Informationsangebot benötigt Zeit und Geld, um ausgebaut und betrieben zu werden.
Spende jetzt 5 €, 10 € oder wieviel Du auch aufwenden magst, um
Suchtmittel.de zu erhalten!
Zur Spendenseite...