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Schizophrenie (v. griech. σχίζειν "abspalten"und φρήν ?Zwerchfell, Seele?) ist eine Sammelbezeichnung für eine ganze Reihe von psychischen Krankheiten. Sie wird den Psychosen zugeordnet.
Man spricht daher auch von "Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis". Die Schizophrenie ist eine der häufigsten Störungen im stationären Bereich der Psychiatrie.
Der Begriff ?Schizophrenie? wurde 1907 von dem Psychiater Eugen Bleuler geprägt. Damit wurde ein grundlegender Wandel im Verständnis der Störung ausgelöst, denn bis dahin wurde die Diagnose Dementia praecox (also vorzeitige Verblödung) von Emil Kraepelin verwendet. Der Begriff ?vorzeitig? in dieser Bezeichnung verweist auf die früher übliche Annahme, dass Schizophrenie sich normalerweise bereits in der Jugend entwickelte und dass es sich um eine unaufhaltsam das Gehirn zerstörende Erkrankung handeln müsse. Diese Auffassung ist inzwischen widerlegt. Das Alter bei Krankheitsbeginn ist jedoch von Bedeutung, weil die Schwere der Erkrankung zunimmt, je jünger die Patienten bei Krankheitsbeginn sind. Als Ursache für diesen Zusammenhang gilt, dass bei jungen Patienten sowohl die Gehirnstrukturen als auch der eigene soziale Status weniger gefestigt und stabil sind als bei Älteren und daher die Krankheit gewissermaßen ?leichteres Spiel? habe.
Für die Griechen war das Zwerchfell der Sitz der Seele. Der Name (siehe oben) Schizophrenie bezeichnet also eine Spaltung der psychischen Funktionen, eine mangelnde Einheit, eine Zersplitterung und Aufspaltung des Denkens, Fühlens und Wollens und des subjektiven Gefühls der Persönlichkeit, oft begleitet von inadäquater oder verflachter Affektivität (Gefühlslage). Nicht zur Schizophrenie gehört die oft in Filmen und Büchern dargestellte "multiple Persönlichkeitsstörung", bei der in einer Person je nach Situation unterschiedliche Persönlichkeiten, wie z. B. in der Geschichte von Dr. Jekyll und Mister Hyde, vorliegen. Die Diagnose der ?multiplen Persönlichkeit? bzw. (Dissoziative Identitätsstörung) ist in der neuen Literatur umstritten, es wird diskutiert, ob es diese Form der Erkrankung so überhaupt gibt, einige Fallschilderungen haben sich nachträglich als Fälschung herausgestellt.
Die Schizophrenie hingegen führt zu Störungen und Veränderungen des Denkens, Fühlens, Handelns und des Ich-Erlebens. Vorher vertraute Dinge und Personen werden unheimlich. Diese Veränderungen flößen dem Betroffenen meist Angst ein, er zieht sich in der Folge aus Misstrauen mehr und mehr von anderen Menschen zurück. Selbst Menschen aus dem engsten familiären Umfeld werden oft als Feindbilder gesehen.
Problematisch bei einer Schizophrenie kann eine fehlende oder gering ausgeprägte Krankheitseinsicht sein. Sofern bei einer akuten schizophrenen Psychose Eigen- oder Fremdgefährdung hinzukommt, kann eine zwangsweise Behandlung, also meist die Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung angeordnet werden, bis eine Besserung der Symptomatik erreicht ist. Eine solche Maßnahme erfolgt in Deutschland nach den Psychisch-Kranken- oder Unterbringungsgesetzen der jeweiligen Bundesländer.
Bei Schizophrenie unterscheidet man zwischen ?Positiv-/Plus?- und ?Negativ-/Minus?-Symptomen.
Charakteristische ?Positivsymptome? sind formale und inhaltliche Denkstörungen sowie Ich-Störungen. Typische inhaltliche Denkstörungen sind: Halluzinationen und Wahnbildung. Häufig sind dabei akustische Halluzinationen: Etwa 80 % der an einer schizophrenen Psychose Erkrankten hören Stimmen. Befehlende (imperative) sind dabei selten.
Für den Laien wird eine schizophrene Psychose zumeist an der Wahnsymptomatik erkennbar: Ein Betroffener glaubt beispielsweise, von Außerirdischen beobachtet zu werden (Verfolgungswahn), dass Nachbarn oder andere ihn schädigen wollen, dass seine Gedanken von anderen gehört werden können oder dass er aufgrund früherer Sünden Schuld an Naturkatastrophen trage. Häufig ist auch die wahnhafte Überzeugung, dass im Kopf ein Chip oder Ähnliches implantiert sei, mit dem die Gedanken oder das Handeln gesteuert würden. Wahn bedeutet eine unerschütterliche Überzeugung, die auch durch Fakten nicht zu widerlegen ist; für den Kranken besteht eine ?Wahngewissheit?. Zu den Ich-Störungen zählen Gedankeneingebung, Gedankenausbreitung, Gedankenentzug und gemachte Gefühle, Handlungen oder Impulse.
Im Gegensatz dazu stehen die ?Negativsymptome?. Hierunter versteht man Verhaltensdefizite, die zum Teil schon vor dem Auftreten akut psychotischer Symptome bestehen können und diese oft überdauern. Sie haben zumeist gravierendere Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen als die ?Positivsymptome?. Hierzu zählen etwa sozialer Rückzug, emotionale Verarmung oder Verflachung, Antriebsverlust, Willensschwäche (Apathie), mangelnde Körperpflege, psychomotorische Verlangsamung und starker Gewichtsverlust. Ein weiteres Symptom ist Alogie (Spracharmut). Unter Alogie versteht man eine negative Denkstörung mit Sprachverarmung oder Verarmung des Sprachinhalts. Viele Betroffene leiden zudem in der akuten Phase einer Schizophrenie unter Schlafstörungen. Nach Abklingen einer akuten schizophrenen Episode tritt teilweise eine depressive Phase als Nachschwankung auf. Zusätzlich muss man zwischen echten negativen Symptomen und Begleiterscheinungen, bedingt durch die Einnahme eines Neuroleptikums, unterscheiden.
Katatonien sind motorische Auffälligkeiten: So führen manche Schizophrene komplexe Bewegungen ihrer Gliedmaßen aus, die zwar zielgerichtet erscheinen, es meist aber nicht sind. Andere weisen ein gesamt gesteigertes Aktiviätsniveau auf und schlagen bspw. um sich. Gegensätzlich dazu kann auch katatoner Stupor auftreten: Der Patient nimmt ungewöhnliche Haltungen ein und behält sie für längere Zeit bei. Bei manchen Schizophrenen lässt sich auch inadäquater Affekt beobachten. Der Patient lacht bspw. wenn er erfährt, dass seine Mutter gestorben ist, oder wird wütend, wenn man ihm eine belanglose Frage stellt.
Wichtig ist eine sorgfältige Diagnose, da schizophrenieähnliche Symptome auch durch Epilepsie oder andere Erkrankungen des Gehirns und durch den Konsum oder den Entzug von Drogen hervorgerufen werden können. Als problematisch gilt, dass zwischen dem tatsächlichen Ausbruch der Krankheit und ihrer Diagnose eine erhebliche Zeitspanne liegen kann. Studien zeigen, dass erste Veränderungen schon fünf Jahre vor der ersten akuten Psychose zu beschreiben sind. Die erste Behandlung erfolgt durchschnittlich zwei Monate nach dem Beginn der ersten akuten Phase. Zur Verkürzung dieser Zeit der unbehandelten Erkrankung wurden inzwischen sog. Früherkennungszentren eingerichtet (nähreres siehe unter Kompetenznetz Schizophrenie).
Vor allem im deutschen Sprachraum findet man auch noch die Einteilung der Symptome der Schizophrenie nach Bleuler in Grundsymptome und akzessorische Symptome, sowie die Unterscheidung der Symptome nach Erstrang- und akzessorischen Symptomen nach Schneider. Heute folgt die Klassifikation von Erkrankungen des schizophrenen Formenkreises der ICD-10 oder DSM-IV.
Schizophrenien können sowohl schubweise als auch chronisch verlaufen, wobei die schubweise Verlaufsform häufiger ist. Ein Schub, also eine akute Krankheitsphase, kann mehrere Wochen oder viele Monate dauern. Danach klingt die Krankheit wieder ab, bis möglicherweise ein neuer Schub erfolgt.
Zwischen den einzelnen Schüben kann es zu einer vollständigen Remission (Zurückbildung) der Symptome kommen, üblicherweise folgt der akuten Phase jedoch eine Resiudalphase mit negativen Symptomen. Solche Restsymptome sind zum Beispiel soziale Isolation, Beeinträchtigung der persönlichen Hygiene, auffallende Sprachmuster (Sprachverarmung), Depressivität oder Antriebsmangel. Bei manchen Verläufen bleiben die Residualsymptome stabil, bei anderen Betroffenen werden sie nach jedem Schub stärker. In der Behandlung der Schizophrenie stellt die negative Symptomatik das eigentliche Problem dar.
Der erste Krankheitsschub beginnt typischerweise zwischen Pubertät und dreißigstem Lebensjahr. Bei Frauen beginnt die erste schizophrene Episode in der Regel etwas später als bei Männern (etwa drei Jahre); so genannte Spätschizophrenien (erster Schub nach dem 40. Lebensjahr) treten hauptsächlich bei Frauen auf. Als Grund für diesen geschlechtsspezifischen Unterschied gilt eine die Erkrankung eindämmende Wirkung des weiblichen Hormons Östrogen. Besonders problematisch sind oft schleichend beginnende Fälle, die häufig zu einem chronischen Verlauf der Krankheit führen, bei welchem auch nach Abklingen einer akuten Episode die oben beschriebenen, starken Residualsymptome bleiben.
Prädiktoren für einen günstigen Verlauf sind unauffällige Primärpersönlichkeit, höheres Ausbildungsniveau, gute soziale Anpassung, ungestörte Familienverhältnisse, akuter Krankheitsbeginn, erkennbare psychosoziale Auslösefaktoren und vermehrt affektive und paranoide Symptome. Prädiktoren für einen ungünstigen Verlauf sind: soziale Isolation, längeres Bestehen der Episode vor einer Behandlung, vorangegangene psychatrische Behandlungen, frühere Verhaltensauffälligkeiten (ADHS) und fehlende Beschäftigung. Gravierend ist auch die Suizidgefahr: etwa 10-15% aller Erkrankten sterben durch Selbsttötung; dies betrifft am häufigsten jüngere männliche Erkrankte.
In extrem seltenen Fällen können bei Kindern Formen von schizophrenen Psychosen etwa ab dem achten Lebensjahr auftreten. Die wichtigsten Symptome dabei sind Sprachzerfall, Kontaktverlust und affektive Störungen. Schizophrenien bei Kindern vor dem Schulalter sind nicht diagnostizierbar, da die Symptome der Beeinträchtigung des Denkens, Sprechens, der Wahrnehmung und Gefühlswelt voraussetzen, dass diese Fähigkeiten hinreichend entwickelt sind. Von der kindlichen Schizophrenie, die als plötzlicher Knick in einer bis dahin normalen Entwicklung verstanden werden muss, muss man den kindlichen Autismus unterscheiden. Dieser zeigt sich bereits ab Geburt oder Krabbelalter.
Bei chronisch Kranken kann im Alter meist weder auf eine Verbesserung, noch auf einen Rückgang der Krankheit gehofft werden. Ersterkrankungen kommen im höheren Alter kaum noch vor.
Das so genannte Lifetime-Risiko, an einer schizophrenen Psychose zu erkranken, beträgt 1 Prozent, das heißt, statistisch gesehen durchlebt jeder Hundertste mindestens einmal im Leben eine schizophrene Episode. Schizophrenie ist also eine durchaus weitverbreitete Krankheit. Die Inzidenzraten (Neuerkrankungen) pro Jahr liegen unter denen der Lifetime Prävalenz bei etwa einer Person von 10.000, wie aus einer WHO-Multicenterstudie (Jablenski, 1995) hervorgeht.
Männer und Frauen erkranken in etwa gleich häufig. Allerdings erkranken im Durchschnitt Frauen später (zwischen dem 25. und 30. Lebensjahr) als Männer (zwischen dem 20. und 25. Lebensjahr). Schizophrenien kommen in allen Kulturen der Welt mit gleicher Häufigkeit vor, aber das jeweilige Erscheinungsbild wechselt mit den soziokulturellen Gegebenheiten. So findet man beispielsweise den Subtypus einer katatonen Schizophrenie in Industrieländern viel seltener (fast gar nicht mehr) als in Entwicklungs- und Schwellenländern.
Als Erklärungsmodell zur Ätiologie der schizophrenen Psychosen geht man derzeit von einem multifaktoriellen Modell aus, bei dem genetisch-biologische und psychosoziale Ursachen in einem Wechselspiel eine Schizophrenie auslösen können. Als zentral wird eine Störung der Regulation der Informationsverarbeitung angesehen.
Die Zwillingsforschung hat eine genetische Komponente der Schizophrenie belegt: je näher die Verwandtschaft mit einem Schizophreniekranken, desto wahrscheinlicher wird auch eine eigene Erkrankung. Bei einem schizophreniekranken Elternteil beträgt sie 5-10%, bei kranken Geschwistern 8?10%, bei eineiigen Zwillingen 45% und etwa 21% bei zweieiigen Zwillingen. (Wäre die Schizophrenie eine rein genetisch verursachte Krankheit, müsste sie bei eineiigen Zwillingen 100% betragen). So könnte man sich die beobachtete erhöhte Konkordanz bei eineiigen im Vergleich zu zweieiigen Zwillingen oder zu genetisch nichtidentischen Geschwistern auch durch die erleichterte Übertragung intrauteriner Infektionen von der Mutter auf einen oder beide Föten einer Zwillingsschwangerschaft erklären.
Es gibt auch Hinweise auf einen Zusammenhang von Schizophrenie mit frühkindlichen Hirnschädigungen, etwa durch Geburtskomplikationen. An Schizophrenie erkrankte Menschen weisen eine erhöhte Quote an Komplikationen bei ihrer Geburt auf. Insgesamt fallen bei diesen Betroffenen die Behandlungsprognosen schlechter aus.
Weiterhin gibt es einige Befunde, die vermuten lassen, dass frühkindliche Infektionen eine Rolle spielen. Die Häufung schizophrener Erkrankungen bei Menschen, welche in Großstädten sowie in den ersten drei Monaten des Jahres geboren wurden, stützt diese Hypothese. Zu den Infektionen, die im Verdacht stehen, das Ausbrechen schizophrener Psychosen zu begünstigen, gehören einerseits bestimmte Viren (Herpes simplex Typ II, Influenza- und Borna-Viren), andererseits stehen auch Protozoen wie Toxoplasma gondii und bestimmte Borrelien unter Verdacht. Da diese Hinweise jedoch überwiegend auf dem Nachweis von Antikörpern im Blutserum schizophrener Patienten beruhen, sind sie aufgrund methodischer Unsicherheiten umstritten.
In bestimmten Untersuchungen des Gehirns von schizophrenen Patienten kann man Anomalien feststellen, teilweise auch schon zu Beginn der Erkrankung. Dabei zeigt sich eine statistisch signifikante Häufung dieser Anomalien in Struktur- und Funktionsuntersuchungen bei schizophrenen Patienten gegenüber nicht-schizophrenen Personen. So weisen manche schizophrenie Patienten leicht erweiterte Hirnventrikel (Seitenventrikel) auf. In der feingeweblichen Untersuchung von Hirngewebe verstorbener Schizophrener ist teilweise ein Mangel an Nervenfasern und Nervenverbindungen im Bereich der Amygdala, des Hippocampus und anderen limbischen Strukturen, des Temporallappens und der frontalen Hirnregionen nachzuweisen, wie auch andere Auffälligkeiten der Mikrostruktur. Dennoch sind diese Befunde nicht spezifisch für die Schizophrenie, sie finden sich nicht bei allen schizophrenen Patienten. Bei einer Positronen-Emissionstomografie ist bei schizophrenen Patienten oft eine verminderte Aktivität des Frontalhirns zu erkennen. Dies nennt man Hypofrontalität. Bislang wurde jedoch nicht geklärt, ob es sich bei der beschriebenen Veränderung um eine verminderte Aktivität des frontalen Cortex handelt oder nur um seine verminderte Aktivierbarkeit aufgrund einer krankheitsbedingten erhöhten Basisaktivität.
Während einer schizophrenen Psychose kommt es auch zu biochemischen Veränderungen im Gehirn. Dabei spielt der Neurotransmitter Dopamin eine große Rolle (Dopaminhypothese), der während einer akuten Psychose überaktiv ist und dadurch zu einer zentralnervösen Übererregbarkeit führt. In diesem Transmittersystem wirken auch die Medikamente welche die positiven schizophrenen Symptome günstig beeinflussen oder beseitigen können, die so genannten Neuroleptika.
Diese Befunde lassen vermuten, dass die neurobiologischen Grundlagen der Schizophrenie nicht auf einen bestimmten Punkt im Gehirn festzulegen sind. Möglicherweise kommt es aufgrund einer Reihe biologischer Faktoren, wie genetische Faktoren, Sauerstoffmangel bei der Geburt und eventuell frühkindliche Infektionen zu einer Entwicklungsstörung des Gehirns, welche sich in einer veränderten Vernetzung von Nervenzellen in der Ultrastruktur des Hirns äußert. Diese und möglicherweise andere Ursachen führen zu einer Vulnerabilität der noch nicht erkrankten Person. Allerdings können bereits bestimmte neuropsychologisch nachweisbare Symptome, so genannte Basissymptome, vorhanden sein. Bis zur völligen Ausreifung des Gehirns können die Vulnerabilität und die dadurch eventuell bedingten geringen Basissymptome kompensiert werden. In der Adoleszenz oder später kann es dann bei hinzukommenden psychosozialen Belastungen - oder bei starker Vulnerabilität auch spontan ohne diese - zum Ausbruch der schizophrenen Psychose kommen. Man nennt dies das Diathese-Stress-Modell. Letztlich kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei dem überwiegend phänomenologisch definierten Krankheitsbild der Schizophrenie nur um die gemeinsame Endstrecke verschiedener, funktionell völlig unabhängiger Pfade der Krankheitsentstehung handelt. Für eine solche Sichtweise spricht unter anderem das Auftreten schizophrenieartiger psychotischer Symptome bei einer Reihe von organischen Erkrankungen wie z. B. bei der Epilepsie und im Verlauf von HIV-Infektionen.
Auffallend ist, dass akute Schübe häufig in besonders belastenden und veränderungsträchtigen Lebenssituationen auftreten, etwa Auszug aus dem Elternhaus, Heirat, Arbeitsplatzwechsel, Renteneintritt und so weiter. Zusammenfassend bezeichnet man diese als ?stressfull life events? oder auf Deutsch als ?belastende Lebensereignisse?.
Die frühere Annahme eines schizophrenieauslösenden Familienmilieus (insbesondere der ?schizophrenogenen Mutter?) gilt als überholt; allerdings hat das in der Familie herrschende Klima (?Expressed-Emotion-Theorie?) einen großen Einfluss auf den Verlauf, das Rückfallrisiko und die Prognose der Erkrankung. Lange Zeit war auch die Doppelbindungstheorie als Erklärungsmuster populär; dabei handelt es sich um widersprüchliche bis paradoxe Kommunikationsmuster, von denen man annahm, dass sie Einfluss auf die Entstehung einer Schizophrenie haben könnten. Auch dies hat sich als nicht haltbar erwiesen.
Ich-Entwicklungsdefizite oder gravierende Vernachlässigung in den ersten Lebensjahren können dagegen Faktoren sein, die zu einer größeren Vulnerabilität, also Krankheitsanfälligkeit führen. Dem derzeit aktuellen Diathese-Stress-Modell (nach Zubin, Ciompi) zufolge sind es also bestimmte Belastungssituationen, die in Zusammenwirken mit anderen ungünstigen Faktoren bei Menschen mit einer angeborenen ?Anfälligkeit? für psychische Erkrankungen zum Ausbruch einer schizophrenen Psychose führen können.
Die folgenden Unterformen der Schizophrenie bedeuten keine abschließende Aufzählung. Häufig kann eine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis keiner dieser Formen eindeutig zugeordnet werden; es gibt viele Mischformen und Überschneidungen. Die folgenden Formen beschreiben gleichsam symptomatische Schwerpunkte innerhalb der schizophrenen Psychosen und sind keine abschließende Definition.
Hier handelt es sich um die häufigste Form der Schizophrenie. Das wesentliche Merkmal ist hierbei das Auftreten von Wahnvorstellungen und ausgeprägten Halluzinationen, die aber nicht immer vorhanden sein müssen. Akustische Halluzinationen (bspw. imperative [befehlende] oder kommentierende Stimmen) kommen zu 80% vor. Im Vordergrund steht die Positivsymptomatik; Negativsymptome treten kaum auf.
Die Hebephrenie ist eine im Jugendalter beginnende Form der schizophrenen Psychose. Hier stehen affektive Veränderungen, also Veränderungen der Stimmung der Person, Antriebsstörungen und Denkstörungen im Vordergrund. Die Betroffenen werden häufig als verflacht und emotional verarmt beschrieben. Oft kann man einen Entwicklungsknick beobachten: plötzlicher Leistungsabfall in der Schule, Abbruch sozialer Beziehungen, auffallende Antriebslosigkeit, Isolierung. Aufgrund dieser Symptome ist die Abgrenzung einer Hebephrenie von üblichen, nicht krankhaften Pubertätsschwierigkeiten nicht einfach. Der hebephrenen Schizophrenie wird im ICD-10 eine eher ungünstige Prognose zugesprochen. Diese Annahme kann nach neueren Untersuchungen jedoch nicht bestätigt werden.
Hier setzt die Krankheit im Erwachsenenalter langsam und schleichend ein. Die auffallenden halluzinatorischen und paranoiden Symptome fehlen. Die an Schizophrenia simplex Erkrankten werden von ihrer Umwelt als ?seltsam? oder ?verschroben? empfunden und ziehen sich mehr und mehr von ihrer Umwelt zurück. Die Krankheit schreitet langsam fort und kann therapeutisch kaum beeinflusst werden. Sie gilt als schwer diagnostizierbar. Auch die Schizophrenia simplex hat also eine eher ungünstige Prognose. Viele Betroffene begehen Selbstmord.
Bei der katatonen Schizophrenie treten in erster Linie psychomotorische Störungen auf. Dies können zum Beispiel Haltungsstereotypien (eigenartige Haltungen werden eingenommen und über lange Zeit beibehalten), Stupor (kaum oder gar keine Bewegungsaktivität) oder Rigidität (Beibehalten einer starren Haltung) sein. Es kann hierbei auch zu starken Erregungszuständen kommen, bei denen der Betroffene ständig motorisch aktiv ist (?Bewegungssturm?). Bei katatonen Zuständen können Halluzinationen auftreten.
Der katatone Stupor führt häufig zu Nahrungs- und Flüssigkeitsverweigerung und die Betroffenen können nicht auf die Toilette gehen. Daher ist der katatone Stupor ein lebensgefährlicher psychiatrischer Notfall.
Bis heute sind schizophrene Störungen nicht im eigentlichen Sinne ?heilbar?. Allerdings gibt es eine ganze Reihe von Behandlungsmöglichkeiten, die es den Betroffenen ermöglichen, ein weitgehend ?normales? Leben zu führen.
In einer akuten Phase steht dabei häufig die medikamentöse Behandlung im Vordergrund. In erster Linie werden dabei sog. Antipsychotika oder Neuroleptika eingesetzt, die spezifisch auf psychotische Symptome (positive Symptomatik, also etwa die Halluzinationen) wirken. Sie wirken auf den Neurotransmitterstoffwechsel ein und können oft relativ schnell die Akut-Symptomatik mildern oder beseitigen. Neuroleptika führen nicht zu einer Gewöhnung oder Abhängigkeit. Ältere Neuroleptika wirken vornehmlich auf den Dopaminstoffwechel (= typische Neurolopetika) . Da das Dopamin wesentliche Funktionen bei der Bewegungssteuerung hat, treten hier teilweise gravierende Nebenwirkungen auf: Dyskinesien (Bewegungsstörungen), hauptsächlich im Gesichtsbereich und an den Extremitäten, parkinsonähnliche Symptome und Akathisie (quälende Bewegungsunruhe). Schon seit langem sind jedoch Medikamente bekannt, welche trotz guter antipsychotischer Wirkung kaum Nebenwirkungen im Bereich der Bewegungssteuerung verursachen. Man spricht von modernen Antipsychotika oder atypischen Neuroleptika. Allerdings sind oft andere Nebenwirkungen dafür vorhanden (Gewichtszunahme, Stoffwechselstörungen). Trotz allem stellen diese modernen Neuroleptika einen großen Fortschritt dar.
Zusätzlich werden manchmal Antidepressiva oder angstlösende Medikamente (Tranquilizer) verschrieben. Die - oft viel behinderndere - Negativ-Symptomatik kann durch Antipsychotika nur unzureichend beeinflusst werden (moderene Antipsychotika haben hier evtl. einen positiven Effekt), so dass viele hiervon Betroffene Probleme im sozialen Umfeld oder im Beruf haben und oftmals ein sozialer Abstieg erfolgt.
Eine medikamentöse Therapie muss vor allem außerhalb der akuten Phase ergänzt werden. Als wesentliche Basismaßnahme wird heutzutage die sog. Psychoedukation empfohlen. Hierauf aufbauend erfolgen die weiteren Therapien:
Das geringe Wissen, das über Schizophrenie in der Öffentlichkeit besteht und Ursache für viele Vorurteile ist, ist wohl auf die Stigmatisierung dieser Krankheit zurückzuführen, die auf mittelalterliche Vorstellungen von Besessenheit und vermeintlicher göttlicher Bestrafung eines Sünders durch Krankheit zurückgeht. Es fehlt hingegen an sachlicher Information. Deren Platz nehmen furchteinflößende Visionen in der Unterhaltungsindustrie ein, beispielsweise in der Darstellung von ?gemeingefährlichen Psychopathen?. Viele Erkrankte haben damit zu kämpfen, dass ein großer Teil der Gesellschaft nicht mit psychischen Krankheiten umzugehen weiß und man ihnen krankheitsbedingte soziale Probleme als eigene Versäumnisse vorwirft. So leiden Erkrankte in der Öffentlichkeit unter fehlender Akzeptanz bis hin zu Ablehnung oder Furcht und die soziale Integration wird ein weitaus größeres Problem als die medizinische Behandlung.
Eine konsequente Therapie, die möglichst früh beginnt, hat die Prognose der Erkrankung verbessert. Vereinfachend läßt sich sagen, dass sich bei etwa einem Drittel der Patienten die Erkrankung komplett zurückbildet; bei einem weiteren Drittel kommt es zu Residualsymptomen (siehe oben) und zu erneuten akuten Schüben. Bei einem Drittel kommt es zu schweren chronischen Verläufen, bei denen erhebliche psychosoziale Einschränkungen bleiben und die Betroffenen dauerhaft betreut werden müssen.
Dieser Text ist aus der Wikipedia - zum Original, Autoren.
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