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Die Abkürzung Aids (auch AIDS) steht für Acquired Immune Deficiency Syndrome (englisch für erworbenes Immundefektsyndrom). Aids ist eine Immunschwächekrankheit und die Folge einer Infektion mit dem HI-Virus(HIV), das eine schrittweise Zerstörung des Immunsystems bewirkt.
Die Folge sind Sekundärinfektionen (auch opportunistische Infektionen genannt) und Tumore, die in bestimmter Kombination das Syndrom Aids definieren und trotz Behandlung früher oder später zum Tod führen. Zur Untersuchung werden Antikörper oder Virusbestandteile im Blut gesucht. Bereits vor dem Eintreten von Symptomen kommen virusunterdrückende Medikamente zum Einsatz, die zusammen mit der Behandlung der Sekundärinfektionen die Lebenserwartung verlängern. Das Leberversagen bei AIDS-Kranken ist ebenfalls eine häufige Todesursache, die hauptsächlich durch Hepatitisviren, aber auch durch Medikamentennebenwirkung verursacht wird.
Das HI-Virus wird mit den Körperflüssigkeiten Blut, Sperma, Vaginalsekret, Liquor und Muttermilch übertragen. Potentielle Eintrittspforten sind frische, noch blutende Wunden in Schleimhäuten (Bindehaut, Mund-, Nasen-, Vaginal- und Analschleimhaut) bzw. nicht ausreichend verhornte, leicht verletzliche Stellen der Außenhaut (Eichel, Innenseite der Vorhaut). Als häufigste Infektionswege sind zu nennen der Vaginal- oder Analverkehr ohne Verwendung von Kondomen, dann auch der Oralverkehr und die Benutzung (ausgeliehener) kontaminierter Spritzen beim intravenösen Drogenkonsum. Homosexuelle Männer gelten als Risikogruppe, da häufige Partnerwechsel und Analverkehr in der Szene weit verbreitet sind. Wie hoch das Risiko beim Geschlechtsverkehr ist, hängt vor allem von der Viruslast in der Samenflüssigkeit, im Scheidensekret und im Blut ab. Diese ist unmittelbar nach der Infektion, bevor sich Antikörper gebildet haben, besonders hoch, nimmt dann aber zunächst ab und steigt in späten Stadien der Erkrankung wieder an.
Bluttransfusionen sind ebenfalls eine mögliche Infektionsquelle, die allerdings heute in Deutschland durch die 1985 eingeführten Routine-Untersuchungen der Blutspender kaum noch Bedeutung hat. Aber auch hier ist ein Risiko vorhanden, da zwischen Ansteckung des Spenders und der Nachweisbarkeit im HIV-Test bis zu drei Monate verstreichen können. Das Risiko einer Infektion eines Kindes durch eine HIV-infizierte Mutter während der Schwangerschaft oder während der Geburt wird auf 15% bis 30% geschätzt. Bei bekannter HIV-Infektion der Mutter kann das Risiko einer Übertragung auf das Kind durch die Gabe antiretroviraler Medikamente und die Geburt durch Kaiserschnitt auf ca. 2% vermindert werden. Eine Übertragung des Virus beim Stillen ist ebenfalls möglich.
Das Risiko, sich durch Zungenküsse anzustecken, kann ausgeschlossen werden, sofern keine blutenden Wunden, so beispielsweise Verletzungen des Zahnfleisches, im Mund vorhanden sind. Die HIV-Konzentration in Tränen, Schweiß und Speichel reicht für eine Ansteckung nach heutigem Erkenntnisstand ebenfalls nicht aus. Außerdem lässt die Aids-Epidemiologie eine Infektion durch Insektenstiche oder durch Tröpfcheninfektion äußerst unwahrscheinlich erscheinen. Menschen, die einer akuten Ansteckungsgefahr ausgesetzt waren, sollten möglichst bald (idealerweise innerhalb von zwei Stunden!) einen Arzt aufsuchen, um sich beraten zu lassen und gegebenenfalls eine Postexpositionelle Prophylaxe (PEP) durchzuführen. Nach Ablauf von 72 Stunden wird eine medikamentöse PEP nicht mehr als sinnvoll erachtet.
Die Infektionswahrscheinlichkeit liegt bei den meisten Übertragungswegen zwischen 1:100 und 1:1000. Wichtigste Ausnahme ist die Übertragung von der Mutter auf das Kind während der Geburt mit einer Infektionswahrscheinlichkeit von ca. 15 % und durch eine verseuchte Bluttransfusion, wo das Infektionsrisiko 95 % beträgt.
Die folgenden Häufigkeiten sind Durchschnittswerte, die durch Partnerstudien und epidemiologische Studien ermittelt wurden. Das individuelle Risiko kann sehr viel höher sein. So erhöht eine gleichzeitig vorliegende andere Geschlechtserkrankung das Infektionsrisiko um das 5- bis 10-fache, eine hohe Viruslast des Überträgers sogar um das 10- bis 30-fache. Geschlechtsverkehr während der Regelblutung der Frau ist mit einem erhöhten Infektionsrisiko für beide Partner verbunden, beschnittene Männer haben ein geringeres Infektionsrisiko. Insgesamt scheint das Infektionsrisiko nicht konstant über die Anzahl der Kontakte zu sein, so dass das Risiko einzelner Kontakte womöglich erheblich zu niedrig angegeben ist. Mit besseren Medikamenten sinkt möglicherweise das Übertragungsrisiko.
Teilweise besteht die Möglichkeit einer Postexpositionsprophylaxe. Diese besteht aus allgemeinen Maßnahmen (Waschen des Penis nach dem Verkehr, Ausdrücken der Stichwunden und Behandlung mit Desinfektionsmittel) und spezifischen Maßnahmen wie der Gabe von antiretroviralen Medikamenten. Nach einem Ansteckungsverdacht sollte immer sofort ein Arzt aufgesucht werden, der über mögliche Maßnahmen informiert und sie auch einleiten kann.
Der Begriff HIV-Test steht für den HIV-Antikörper-Test, der die An- oder Abwesenheit von Antikörpern gegen HIV-Proteine, nicht jedoch das HI-Virus selbst nachweist. Wie gegen andere als "körperfremd" erkannte Eiweißmoleküle bildet das Immunsystem Antikörper, um sich vor eingedrungenen HI-Viren zu schützen. Sind Antikörper vorhanden, ist der Test "HIV-positiv", d. h. es hat ein Kontakt mit dem HI-Virus stattgefunden. Werden keine Antikörper nachgewiesen, lautet das Resultat des Testes "HIV-negativ". Ein Problem beim HIV-Antikörper-Test ist die diagnostische Lücke: In der Zeit, die der Körper braucht, um die ersten Antikörper zu bilden, können solche auch nicht nachgewiesen werden und führen somit zu einem "falsch-negativen" Ergebnis.
Die heute üblichen Tests können in der Regel zwölf Wochen nach der Ansteckung zuverlässig Antikörper nachweisen; 99 % der Infizierten weisen dann bereits Antikörper auf. In den meisten Fällen ist ein Kontakt mit HI-Viren bereits nach drei bis sechs Wochen feststellbar. In seltenen Fällen können aber noch Monate später falsche, auch negative Ergebnisse entstehen. Grundsätzlich gilt: Je länger der Zeitraum zwischen möglicher Ansteckung und Test, um so größer ist seine Aussagekraft.
In Deutschland wird die Diagnose "HIV-positiv" durch zwei Tests gestellt: einen Suchtest und einen Bestätigungstest. Als Suchtest wird meist ein kostengünstiger HIV-Elisa-Test durchgeführt. Dieser weist Antikörper gegen HIV-1, HIV-2 und HIV-1 Subtyp 0 im Blut nach. Für diesen Test werden von kommerziellen Herstellern Virusproteine in so genannten Elisa-Testplatten vertrieben. Eine Testplatte besteht aus bis zu 96 kleinen Näpfen, in denen die HIV-Proteine auf dem Trägermaterial fixiert wurden.
Von der zu testenden Blutprobe werden die Blutzellen abgetrennt und die verbleibende gelblich-klare Flüssigkeit, das so genannte Serum, in eines der Näpfchen der Testplatte gegeben. Wenn Antikörper im Serum vorliegen, die vom Immunsystem eines HIV-Infizierten gebildet wurden, heften diese sich an die HIV-Proteine. Nach weiteren Arbeitsschritten verbleibt in den Näpfen von HIV-negativen Personen eine glasklare Flüssigkeit und bei HIV-infizierten Menschen eine gefärbte Flüssigkeit. Der Test wird maschinell und immer im Vergleich zu HIV-positiven und HIV-negativen standardisierten Seren abgelesen.
Der HIV-Suchtest ist auch in großen klinisch-chemischen Laborautomaten durchführbar. Es wird dann ein etwas abweichendes Verfahren eingesetzt, der Elektrochemilumineszenz-Immunoassay (ECLIA). Aussagekraft und Beschränkungen sind aber dem ELISA vergleichbar. Die Empfindlichkeit des Suchtests ist sehr hoch eingestellt, damit auch 'grenzwertig-positive' Seren entdeckt werden. Jedes im Suchtest als positiv oder grenzwertig aufgefallene Serum muss in einem Bestätigungstest überprüft werden.
Als routinemäßiger Bestätigungstest dient die aufwändigere Western-Blot-Methode (syn: Immunoblot), ebenfalls ein Antikörpertest. Hierzu wird eine Reihe unterschiedlicher HIV-Proteine auf einen Teststreifen als Trägermaterial nebeneinander aufgebracht. Der Streifen wird in eine weitere Serumprobe eingelegt. Wenn Antikörper gegen HIV vorhanden sind, heften sich diese an die Virusproteine. Nach weiteren Arbeitsschritten werden dunkle Striche auf dem Teststreifen sichtbar. Sie zeigen an, gegen welche Virusproteine der Mensch Antikörper gebildet hat. Nach WHO-Empfehlung wird die Diagnose 'HIV-positiv' auf Grund von Antikörpern gegen zwei verschiedene Virusproteine gestellt. Auf diese Weise wird der zuvor positive oder grenzwertige Suchtest widerlegt oder bestätigt.
Die Sensitivität des HIV-Test wird mit 99,9 % angegeben. Dies bedeutet, dass von 1000 HIV-positiven Patienten 999 als solche erkannt werden und einer ein falsch-negatives Ergebnis erhält. Die Spezifität beträgt 99,8 %. Dies bedeutet, dass von 1000 nicht HIV-Positiven 998 ein negatives Ergebnis erhalten und 2 ein falsch-positives Ergebnis . Der positive prädiktive Wert, also die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person mit positivem Test wirklich infiiziert ist, hängt von der Prävalenz in der getesteten Gruppe ab und kann somit nicht allgemein angegeben werden. Bei niedriger Prävalenz, wie z.B. bei Personen ohne Risikofaktoren liegt er deutlich unter der Spezifität, bei unter 50%. Liegen hingegen Risikofaktoren vor, steigt der Wert schnell an und erreicht Werte nahe der Spezifität. (zur Bewertung eines Testergebnisses siehe auch: Beurteilung eines Klassifikators).
Direkt nachgewiesen werden HI-Viren bzw. die Virus-RNA durch das vergleichsweise kostenintensive RT-PCR-Verfahren. Diese Methode wird meist nach gestellter Diagnose zur Bestimmung der Viruslast angewandt. Bei Neugeborenen hat ein Antikörper-Test keine Aussagekraft, da die Antikörper der Mutter durch die Plazenta in das Blut des Kindes gehen, und daher ein falsch positives Testergebnis entsteht. Daher ist die gängige Untersuchungsmethode bei Neugeborenen und Säuglingen die RT-PCR. Zur Diagnostik einer akuten HIV Infektion dient ein positiver HIV-RNA Test durch eine RT-PCR und ein negativer oder "grenzwertiger" Bestätigungstest.
Der umgangssprachlich sogenannte "Aidstest" meint den HIV-Antikörper-Test. Dies ist ein kostengünstiger Suchtest, basierend auf einem Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA) oder Elektrochemiluminiszenz-Immunoassay (ECLIA), und eignet sich daher für regelmäßige Untersuchung gefährdeter Personen. Dieser Test weist nicht das Virus selbst, sondern nur die Antikörper im Blut nach und ist frühestens zwölf Wochen nach einem eventuellen Risikoereignis sinnvoll, weil der Organismus bis zu zwölf Wochen braucht um Antikörper in einer Menge zu bilden, die einen sicheren Nachweis erlaubt; 0,01 % der Menschen, die den HI-Virus tragen, benötigen bis zu 6 Monate zur Bildung der ausreichenden Menge Antikörper. Der Test hat eine hohe Sensitivität, d.h. sollten Antikörper vorhanden sein, werden diese auch erkannt. Allerdings sind mit keinem dieser Tests die erkannten Antikörper eindeutig einer HIV-Infektion zuzuweisen. Nach einem "reaktiven" Testergebnis ist grundsätzlich ein so genannter Bestätigungstest durchzuführen.
Zur Sicherung der Diagnose und genaueren Untersuchung der vorhandenen Virusstämme dienen umfassende weiterführende Tests, die nicht nur HIV-Antikörper, sondern das HI Virus selbst nachweisen können. So dient ein Nachweis proviraler HIV-DNA der Sicherung der Diagnose, während sich anhand der HIV-RNA die Virus-"Menge" messen lässt. Mittlerweile werden zunehmend auch solche Nachweismethoden zum diagnostischen Standard, welche Resistenzen in den Virusstämmen gegen antiretrovirale Therapien anzeigen.
Schwierigkeiten bereitet die Diagnose bei Neugeborenen, da die nachgewiesenen Anti-HIV-Antikörper der Klasse IgG üblicherweise von der infizierten Mutter stammen. Kommerziell erhältliche Tests zum Nachweis von IgM- oder IgA-Antikörpern, welche vom Kind gebildet werden, sind noch nicht vorhanden. Somit lässt sich bei positiver Antikörper-Suchreaktion aber negativem Test auf HIV-DNA oder -RNA kein klarer Status erschließen.
Beratungsstellen für einen kostenlosen und anonymen HIV-Antikörpertest in Nordrhein-Westfalen findet man unter folgendem Link:
Informationen zum Aids-Test bundesweit gibt es unter Aids Hilfe Deutschland oder bei vielen lokalen AIDS-Hilfen.
Individuelle Anfragen beantwortet die Aidsberatung 4you
In Deutschland wird dem feststellenden Arzt im Rahmen der Laborberichtspflicht empfohlen, eine HIV-Infektion anonymisiert dem Robert-Koch-Institut in Berlin zu melden. Eine HIV-Infektion ist in Österreich, im Gegensatz zur Aidserkrankung, nicht meldepflichtig. Diese erfolgt an das Ministerium in anonymisierter Form.
HIV-Erkrankungen werden in der Regel nach der CDC-Klassifikation eingeteilt, die von den US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention erstellt und zuletzt 1993 überarbeitet wurde. Die Einteilung basiert auf drei verschiedenen Kategorien, die sich aus dem klinischen Bild ergeben (A-C) und der Einteilung des CD4-T-Helferzellstatus (1-3).
Kategorie A bezeichnet eine asymptomatische HIV-Infektion.
Unter Kategorie B werden Krankheiten zusammengefasst, die nicht als Aids definierend gelten, aber im Zusammenhang mit einem Immundefizit zu stehen scheinen. Zu diesen gehören:
Kategorie C umfasst die Aids definierenden Erkrankungen. Es handelt sich um meist opportunistische oder maligne Erkrankungen, die bei einem gesunden Immunsystem nicht oder nicht in der beschriebenen Weise auftreten. Zu ihnen gehören:
Die CDC-Klassifikation der Laborkategorien beschreibt die noch vorhandene Anzahl von CD4-Zellen. Kategorie 1 entspricht mehr als 500 CD4-Zellen/pl, Kategorie 2 200 bis 400 und Kategorie 3 unter 200 CD4 Zellen/pl. Zur Einstufung werden beide Werte herangezogen. Die Erkrankung eines Patienten mit einer oropharyngealen Candidose und mit einem CD4 Zellwert von 300 wird also mit B2 beschrieben. Eine Rückstufung bei Besserung des klinischen Bildes oder des CD4 Zellwertes wird nicht vorgenommen.
In Deutschland wird die Diagnose Aids anhand des klinischen Bildes getroffen, wohingegen in den USA bei einem CD4-Zellwert von unter 200 ebenfalls von Aids gesprochen wird, auch ohne klinische Symptomatik.
Die CDC Klassifikation ist die derzeit gebräuchlichste und wahrscheinlich beste Einteilung der HIV-Erkrankung. Trotzdem weist sie einige Schwächen auf. Zum einen ist sie zuletzt 1993 neu bearbeitet worden, was eine ganze Epoche an neueren HIV-Therapiemöglichkeiten und den damit verbundenen Änderungen des klinischen Bildes nicht mit berücksichtigt. Zum anderen ist sie geprägt durch ihren Entstehungsort (USA). Einige opportunistische Erreger, die in anderen Teilen der Welt eine große Rolle spielen, wie Penicillosen in Asien, tauchen in der Klassifikation nicht auf.
Eine HIV-Infektion verläuft in vier Phasen:
Durch die Einnahme von HIV-unterdrückenden Medikamenten (sog. antiretrovirale Therapie) und die Behandlung der Sekundärinfektionen kann der Krankheitsverlauf verlangsamt werden. Eine Heilung ist jedoch derzeit nicht möglich.
Die Behandlung einer HIV-Infektion wird unter dem Begriff Antiretrovirale Therapie (ART) zusammengefasst. Da das Virus schnell gegen einzelne Medikamente Resistenzen entwickelt, hat sich die Therapie mit mehreren Medikamenten gleichzeitig durchgesetzt. Hierfür wurde der wenig medizinische Begriff der Highly Active Antiretroviral Treatment (HAART) gewählt. HAART kann das Leben HI-Infizierter deutlich verlängern. Doch es bewirkt keine Wunder: Eine vollständige Elimination (Eradikation) aller Viren und damit eine Heilung ist bisher nicht möglich. Zudem können schwerwiegende Nebenwirkungen auftreten. Wenn einmal eine HAART begonnen wurde, so sollte sie nicht mehr abgesetzt werden, da dies zur Resistenzbildung führen kann. Aus dem selben Grund ist eine regelmäßige Tabletteneinnahme unumgänglich (siehe Adherence). Daraus ergibt sich eine hohe Belastung für den Patienten.
Zur Zeit werden drei Wirkstoffklassen angewendet: Nukleosid- und Nukleotidanaloga (NRTI), Nichtnukleosidische Reverse Transkriptase Inhibitoren (NNRTI) und Protease-Inhibitoren (PI). Zudem gibt es mit der Substanz T-20 eine neue Wirkstoffklasse der Fusionsinhibitoren.
Nukleosidanaloga, auch Nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTI, umgangssprachlich "Nukes") genannt, haben ihren Ansatzpunkt am HIV-Enzym Reverse Transkriptase. Das Enzym "übersetzt" das virale RNA-Genom in doppelsträngige DNA, bevor diese von einem weiteren viralen Enzym, der Integrase, in die DNA der Wirtzelle eingebaut wird. Als alternatives Substrat konkurriert die NRTI mit den physiologischen Nukleosiden, von denen sie sich durch Modifikationen am Zuckermolekül unterscheiden. Durch ihren Einbau kommt es zum Kettenabbruch der DNA, da die NRTI die Struktur der Doppelstrangbindung behindert. Die Wirkstoffe AZT und D4T sind Thymidin-Analoga, DDC und 3TC sind Cytidin-Analoga, während DDI ein Inosin und Abacavir ein Guanosin-Analogon ist. Eine Kombination von AZT und D4T bzw. DDC und 3TC macht wenig Sinn, da sie den selben Ansatzpunkt haben.
Zahlreiche Nebenwirkungen können bei der Therapie mit NRTI auftreten. Häufig sind Kopfschmerzen, gastrointestinale Beschwerden, Völlegefühl oder Übelkeit, Erbrechen und Diarrhoeen, sowie allgemeine Müdigkeit. Als Folge längerer Anwendung kann es zur Laktatazidose, Myelotoxizität, Polyneuropathie und Pankreatiden kommen. Auch die bei der Therapie mit Protease-Inhibitoren berüchtigte Lipodystrophie kann bei längerer Einnahme von NRTI auftreten.
Viele dieser Nebenwirkungen werden durch die "mitochondrale Toxizität" erklärt: Mitochondrien, die lebenswichtigen Kraftwerke der Zellen, benötigen ebenfalls Nukleoside. Durch den Einbau von NRTI statt Nukleosiden kommt es zu Stoffwechselstörungen und zur Degeneration der Mitochondrien. Bei der Toxizität der einzelnen Substraten gibt es erhebliche Unterschiede. NRTI werden unverändert in die Zelle aufgenommen und dort durch Phosphorelierung aktiviert. Sie werden überwiegend renal eliminiert und haben daher wenig Wechselwirkung mit Medikamenten, die in der Leber verstoffwechselt werden.
Während NRTIs als "falsche" Bausteine das Enzym Reverse Transkriptase hemmen, binden NNRTIs direkt an das Enzym, nahe der Substratbindungsstelle für Nukleoside. Zurzeit gibt es drei NNRTis auf dem Markt: Neverapin, Delavirdin und Efavirenz. Während Nevirapin und Efavirenz etwa gleich effektiv sind, spielt Delaviridin in der Therapie kaum eine Rolle und ist in Deutschland (noch) nicht zugelassen. Als Einzelsubstanz zeigen NNRTIs nur eine begrenzte Wirkung, in Kombinationstherapie mit 2 NRTIs sind sie aus immunologisch-virologischer Sicht mit Proteaseinhibitoren gleichwertig. Jedoch gibt es bisher keine Studie, die den klinischen Effekt der NNRTIs - längeres und gesünderes Leben bei höherer Lebensqualität - nachweist. Zur Zulassung wurden ausschließlich Studien zu verbesserten CD4+ Zellzahlen und zur niedrigeren Viruslast benutzt (Surrogatmarker-Studien). Durch ihre gute Verträglichkeit und die geringere Pillenzahl werden sie häufig den Proteaseinhibitoren vorgezogen.
NNRTIs sind recht empfindlich: Schon eine Punktmutation genügt, um eine Resistenz des Virus gegen den Wirkstoff zu bekommen. Zudem bestehen Kreuzresistenzen: Zeigt ein Virus Resistenzen gegen einen NNRTI, so sind meist alle NNRTIs wirkungslos. NNRTIs werden in der Leber verstoffwechselt (Cytochrom P450-System). Die Nebenwirkungsprofile der einzelnen Wirkstoffe unterscheiden sich erheblich. Bei der Therapie mit Nevirapin stehen vor allem allergische Reaktionen und Lebertoxizität im Vordergrund. Ein Exanthem tritt bei bis zu 20% der Patienten auf und führt bei 7% zum Abbruch der Nevirapineinnahme. Um die Gefahr von Allergien zu mindern, sollte Nevirapin eingeschlichen werden (mit niedriger Dosierung beginnen). Lebertoxizität ist eine seltene, aber unter Umständen lebensbedrohliche Nebenwirkung von Nevirapin. Daher sollten zur Beginn der Therapie die Leberwerte (vor allem Transaminase) engmaschig kontrolliert werden.
Efavirenz hat vor allem Nebenwirkungen, die das zentrale Nervensystem betreffen. Diese treten meist zur Beginn der Therapie auf und nehmen danach ab. In der ersten vier Wochen traten in einer Studie bei 2/3 der Patienten über Schwindel, nahezu die Hälfte über Albträume und etwa 1/3 über Benommenheit und Schlafstörungen. Diese nahmen aber meist nach einiger Zeit ab. Während Nevirapin zur Vorbeugung einer Mutter-zu-Kind-Übertragung (PMTCT = Prevention of Mother to Child Transmission) eingesetzt wird, ist Efivarenz in der Schwangerschaft kontraindiziert. Auch ist angesichts der ZNS-Nebenwirkung die Verkehrstauglichkeit fraglich. Ein Vorteil von Efavirenz gegenüber Nevirapin ist die geringere Lebertoxizität. Delavirdin ist wegen der hohen Pillenzahl und der dreimal täglichen Einnahme den anderen Wirkstoffen unterlegen. Zudem ist es zurzeit nicht auf dem deutschen Markt zugelassen.
Ohne die Spaltung des viralen Makromoleküls gag-pol-Polyprotein durch das Enzym HIV-Protease werden Viruspartikel produziert, die nicht infektiös sind. Proteaseinhibitoren wurden mit dem Wissen über die molekulare Struktur des Enzyms so modelliert, dass sie direkt im aktiven Zentrum der Protease binden können. Die gute Wirksamkeit von Proteaseinhibitoren wurde anhand von klinischen Endpunkten nachgewiesen. Sie haben zu einer deutlichen Verbesserung der Therapie beigetragen. Jedoch wurde der anfängliche Optimismus, den die Einführung der Proteaseinhibitoren in die Therapie auslöste, deutlich gebremst. Bei der Langzeitbehandlung zeigen sich einige Probleme. Sie führen zu Störungen im Fettstoffwechsel und können Lipodystrophie und Dyslipidämie auslösen.
Der Grund hier für liegt wahrscheinlich in der "Mitochondrialen Toxizität". Proteaseinhibitoren scheinen ähnlich wie Nukleosidanaloga die Mitochondrien, also die "Kraftwerke" der Zellen, zu schädigen. Weitere Nebenwirkungen sind gastrointestinale Beschwerden. Proteaseinhibitoren habe recht kurze Halbwertszeit im Blut-Plasma. Schon nach 8 Stunden ist die minimale Hemmkonzentration erreicht. Daher müssen die meisten Proteaseinhibitoren 3-mal täglich eingenommen werden. Der Abbau der Proteaseinhibitoren geschieht in der Leber durch das Cytochrom-P450-Enzymsystem. Der Proteaseinhibitor Ritonavir hemmt dieses System. Man ging daher dazu über, andere Proteaseinhibitoren zusammen mit Ritonavir zu verabreichen, um den Abbau zu verlangsamen und die Plasma-Halbwertszeit zu verlängern. Dies bezeichnet man als "Booster". Mittlerweile gibt es den Proteaseinhibitor Lopinavir kombiniert mit einer Boosterdosis Ritonavir (Kaletra). Dies führt zu einer fast 100-fach größeren Plasma-Konzentration von Lopinavir und zu einer größeren Barriere gegen Resistenzen. Daher wird Lopinavir/Ritonavir (Kaletra) zumeist nach Therapieversagen anderer Medikamente benutzt ("Salvage-Bereich").
Mit Spannung verfolgten viele Betroffene und Therapeuten die Markteinführung des ersten Fusionsinhibitors T-20 Anfang 2003. T-20 bindet an das für die Fusion des Virus mit der Zellmembran der T-Helferzellen wichtige Transmembranprotein gp41 und blockiert so den Eintritt des Virus in die Zelle. Besonders interessant wird die Substanz dadurch, dass sie keine mitochondrale Toxizität und damit kein Lipodystrophiesyndrom auslöst. Leider ist T-20 mit seinen 36 Aminosäuren zu groß für eine orale Einnahme. In seiner jetzigen Form muss T-20 täglich subkutan gespritzt oder über eine "Insulinpumpe" verabreicht werden. Ein schwieriger Einnahmemodus, zumal Hautirritationen an der Einstichstelle eine häufige Nebenwirkung zu sein scheinen. Erste Studien ergaben, dass die eine bloße Hinzugabe von T-20 zu einer klassischen antiretroviralen Therapie nur einen begrenzten Erfolg mit sich bringt [1]. Zwei große Studien, die T-20 zu einer optimierten HAART gegen eine optimierte HAART ohne T-20 verglichen, zeigte jedoch signifikant bessere Werte im T-20 Arm der Studie. Das lässt darauf schließen, dass besonders die Patienten von T-20 profitieren, die gleichzeitig auch noch andere medikamentöse Optionen haben [2] Auch für T-20 gilt: Kein Medikament ohne Nebenwirkung! Es scheint zu Interaktionen mit Granulozyten zu kommen, die bei einigen Patienten zu vermehrten Infektionen führten. Eine rasche Resistenzbildung des Virus ist zudem auch recht wahrscheinlich. Jedoch scheint die virale Fitness der resistenten Stämme vermindert zu sein. Nichtsdestotrotz ermöglicht T-20 den Patienten eine interessante Option, die auf Grund von Nebenwirkungen oder Resistenzen ihre Therapie umstellen müssen. Erste Wahl zu Therapiebeginn ist T-20 derzeit jedoch nicht, und das nicht nur auf Grund der Studienlage. T-20 ist nach Aussage der Herstellerfirma Hoffmann-La Roche einer der am aufwändigsten zu produzierenden Substanzen der Firmengeschichte. Dies macht sich im Preis deutlich (mehr als ?24000 pro Jahr), der höher ist als einige Dreifachkombinationen herkömmlicher antiretroviraler Medikamente. So dürfte T-20 nicht zum Favoriten der Krankenkassen werden. Andere Firmen werden bald mit neuen Fusionsinhibitoren auf den Markt kommen, und an einer "T-20- einmal-wöchentlich-Spritze" wird intensiv geforscht.
Eine Sammlung mit übersichtlichen Beschreibungen aller zur Zeit angewandten antiretroviralen Therapeutika sowie einiger gängiger Medikamente zur Behandlungen opportunistischer Infektionen findet sich unter HIV.NET.
Mit "highly active antiretroviral therapy" wird die Kombinationstherapie aus mehreren antiretroviralen Medikamenten bezeichnet. Ziel der Therapie ist es, die Viruslast unter die Nachweisgrenze zu drücken und die CD4-Zellwerte zu erhöhen, um so das Immunsystem gegen opportunistische Infektionen und andere Aids-definierende Erkrankungen zu stärken. In der Regel besteht eine HAART aus 2 verschiedenen Nukleosianaloga (auch als Nuke-Backbone der Therapie bezeichnet) plus entweder einem Nicht-nukleosidischen Reverse Transkriptase Hemmer (NNRTI), einem Proteaseinhibitor (PI) oder einem dritten Nukleosidanalogon. Welche Kombination die beste ist, lässt sich pauschal nicht beantworten, und sollte für jeden Patienten individuell entschieden werden. Denn alle drei Kombinationen haben Vor- und Nachteile:
Die Kombination aus 2 Nukes und einem PI wurde am umfangreichsten getestet und es liegen Daten aus Langzeitstudien zum klinischen Effekt vor. Auch weist diese Kombination eine hohe Barriere gegen Resistenzen auf. Jedoch ist die hohe Pillenzahl eine Belastung für den Patienten und wirkt sich negativ auf seine Adherence aus. Auch ist eine Langzeittoxizität zu befürchten.
2 Nukes plus eine NNRTI scheinen den PIs gleichwertige Virus-Suppression zu haben, allerdings ist der klinische Effekt nicht durch Studien belegt (nur der Effekt auf Laborparameter). Die geringe Pillenzahl (ein mal am Tag für den NNRTI, zweimal am Tag die Nukes, eventuell bald "once daily" für beide) ist ein deutlicher Pluspunkt. Leider sind Allergien zu Beginn der Therapie mit Nevirapin keine Seltenheit. NNRTI sind resistenzanfälliger, und durch Kreuzresistenzen fällt eine ganze Wirkstoffklasse weg.
3 Nukes haben die geringste Pillenzahl und die einfachste Dosierung. AZT + 3TC + Abacavir gibt es in einer Tablette (Trizivir), die 2-mal täglich eingenommen wird. Dass es nur diese Kombination in einer Tablette gibt, liegt nicht an der Machbarkeit, sondern an der Tatsache, dass die Patente zumeist bei verschiedenen Firmen liegen und keiner mit der Konkurrenz teilen will. In Indien, Südafrika, Brasilien und Kenia werden auch 2 Nukes + NNRTI in einer Tablette als Generikum produziert. Es scheint wenige Interaktionen mit anderen Medikamenten zu geben, und sollte es zur Unverträglichkeit oder Resistenzen kommen, so stehen noch 2 andere Wirkstoffklassen zu Verfügung. Es liegen jedoch keine Langzeitdaten mit klinischen Endpunkten vor und die Kombination scheint auch etwas weniger wirksam in der Virusunterdrückung zu sein.
Wann mit einer Therapie begonnen werden sollte, wird kontrovers diskutiert. Es gilt das Risiko, an Aids zu erkranken, mit den Risiken der Langzeittoxizität und Resistenzbildung abzuwägen. Als Mitte der 1990er Jahre entdeckt wurde, mit welcher Geschwindigkeit das Virus mutieren kann, und als man noch davon ausging, dass es durch eine längere Therapie zur Vernichtung aller Viren kommt (Eradikation), wurde das Behandlungsdogma "Hit hard and early!" ausgerufen. Dieses wurde schon zwei Jahre später durch die Entdeckung der mitochondralen Toxizität hinfällig. Heute sind Therapeuten deutlich zurückhaltender, und mit der HAART wird zumeist erst dann begonnen, wenn das Immunsystem deutlich geschwächt ist.
Die Deutsch-Österreichische Empfehlung zum Therapiebeginn berücksichtigt drei Faktoren: Das klinische Bild des Patienten, seinen CD4-Wert und die Viruslast. Patienten, die bereits Aids-definierende Erkrankungen haben (CDC C), wird eine HAART dringend empfohlen. Auch beim Auftreten von Erkrankungen, die auf ein geschwächtes Immunsystem hindeuten, jedoch nicht Aids-definierend sind (CDC B), wird eine HAART empfohlen. Dies gilt auch für Patienten, die symptomfrei sind, aber einen CD4+ Wert von kleiner 200 haben, da es dann meist eine Frage der Zeit ist, bis Aids auftritt. Als im Allgemeinen ratsam wird eine Therapie bei Patienten angesehen, die einen CD4+ Wert zwischen 200 und 350 haben. Ebenso angeraten ist der Beginn der HAART laut der Empfehlung bei Patienten mit einem CD4+ Wert zwischen 350 und 500, wenn eine hohe Viruslast vorliegt (>100.000). Doch gilt hier mehr denn je die Weisheit: Man behandelt nicht die Krankheit oder den Laborwert, sondern den Patienten. So sollte die Entscheidung, wann mit der Therapie begonnen wird, individuell gemeinsam von Therapeut und Patient gefällt werden. Der Beginn der Therapie bedeutet in der Regel eine Entscheidung, die für den Rest des Lebens eine Konsequenz hat. Daher muss der Patient genau über Therapieziele, mögliche Nebenwirkungen und Risiken der HAART Therapie aufgeklärt sein. Dies lässt sich nur schwer in einer Therapiesitzung gewährleisten. Daher sollte, wenn irgend möglich, der Patient Zeit haben, sich mit dem Gedanken vertraut zu machen, mit der Therapie zu beginnen. Letztlich hat die regelmäßige Medikamenteneinnahme eine höhere prognostische Aussagekraft, als der CD4+ Wert zu Beginn der Therapie (siehe Adherence).
Prävention ist die effektivste Maßnahme gegen HIV. Durch den Gebrauch von Kondomen, sterilen Nadeln bei der Einnahme von Drogen und bei Impfungen sowie Blutspenden kann man einer Infektion sehr sicher entgehen. Sexuelle Enthaltsamkeit bzw. Treue zu einem einzigen Sexualpartner und ein drogenfreier Lebensstil sind noch wirksamere Präventionsmaßnahmen, die so gut wie alle Neuinfektionen verhindern können. Nach einem Ereignis mit Ansteckungsrisiko kann die Ansteckung verhindert werden, wenn eine sog. Postexpositionsprophylaxe stattfindet.
An der hohen Mutationsrate des HI-Virus scheiterten bisher die langjährigen Forschungen um Impfstoffe, die die Bildung von schützenden Antikörpern gegen das Oberflächenprotein gp120 fördern sollten. Als das Mittel endlich gegen das sehr ähnliche SIV (SI-Virus, simian Immunodeficiency virus) der Affen erfolgreich getestet war, hatte das HI-Virus in Freiheit die Struktur seines gp120 Oberflächenproteins verändert.
Nach jahrzehntelangen vergeblichen Versuchen, einen Impfstoff gegen das HI-Virus herzustellen, begann Ende Februar 2004 zum ersten Mal eine klinische Studie an gesunden Probanden. Die Studie wird von den Universitätskliniken Bonn und Hamburg-Eppendorf durchgeführt. Mit ersten Ergebnissen ist Anfang 2005 zu rechnen. Falls diese Ergebnisse überzeugen, wird es mindestens weitere sieben Jahre dauern, bis der Impfstoff industriell gefertigt werden kann. Als Grundlage für die neue Impfung nahmen die Forscher den Subtyp HIV-1, Subtyp C, der vor allem in Afrika vorkommt. Denn hier soll das Hauptanwendungsgebiet liegen. Aus diesem Grund wird die Studie von gemeinnützigen Organisationen wie der International Aids Vaccine Initiative (IAVA) gefördert.
HIV ist eng mit Viren verwandt, die aidsähnliche Symptome in Primaten auslösen, und es ist allgemein akzeptiert, dass einer dieser Virustypen Anfang des 20. Jahrhunderts auf den Menschen übertragen wurde, obwohl es Hinweise darauf gibt, dass dies in isolierten Fällen bereits früher geschah.
Genaue Angaben über Zeit, Ort, Wirtstier, Art und Anzahl der Übertragungen sind nicht bekannt. Ein Virus, das fast identisch mit dem menschlichen HI-Virus ist und SIV genannt wird, wurde in Schimpansen gefunden. Nach jüngsten Untersuchungen von Virologen der Universität Birmingham/Alabama löst HIV-1, das von dem im Schimpansen gefundenen SI-Virus abstammt, vermutlich die Immunschwächekrankheit aus. Durch eine genetische Analyse konnten die Wissenschaftler zeigen, dass das SI-Virus eine Kombination aus zwei Virusstämmen ist, die in bestimmten Meerkatzen vorkommen. Da Meerkatzen von Schimpansen gejagt und gefressen werden, müssen sich die Schimpansen mit den zwei Virusstämmen infiziert haben, aus denen sich dann in ihrem Körper das SI-Virus gebildet hat. Die Übertragung dieses SI-Virus auf den Menschen erfolgte nach Ansicht der Forscher wohl bereits in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts durch den Verzehr von Schimpansenfleisch.
Weitere wissenschaftliche Untersuchungen ergaben, dass das HI-Virus zuerst in West-Afrika auftrat, aber es ist nicht mit letzter Sicherheit geklärt, ob es nicht mehrere Virusherde gab. Neue so genannte phylogenetische Untersuchungen, das heißt Verwandtschaftsvergleiche zwischen den unterschiedlichen Subtypen von HIV und zwischen HIV und SIV lassen vermuten, dass mehrere unabhängige Übertragungen vom Schimpansen auf den Menschen in Kamerun und/oder dessen Nachbarländern stattfanden.
Die erste Blutprobe, die nachgewiesenermaßen HIV-Antikörper enthält, wurde 1959 im Kongo von einem erwachsenen Menschen genommen. Weitere Proben stammen von einem US-Amerikaner (1969) und einem norwegischen Matrosen (1976).
Nach der Theorie von Tom Curtis, 1992 vorgestellt im Rolling Stone Magazine, und Recherchen des britischen Journalisten Edward Hooper, 1999 in dessen Buch "The River" veröffentlicht, wurde der Virus möglicherweise Ende der 1950er Jahre durch einen Polio-Impfstoff in Afrika verbreitet, der aus den Organen von Schimpansen hergestellt wurde. Diese Theorie wird heute als obsolet betrachtet.
1981 wurde von Dr. Michael Gottlieb erstmals eine Häufung seltener und oft tödlich verlaufender Infektionen bei zuvor gesunden homosexuellen Männern in den USA beschrieben. Besonders auffällig war die Kombination von Pneumocystis carinii-Infektionen und Kaposi-Sarkomen, beides Erkrankungen, die zumeist bei deutlich geschwächten Patienten auftrat. Schon recht früh wurde eine erworbene Immunschwächeerkrankung für die wahrscheinlichste Ursache in Betracht gezogen. Epidemiologische Untersuchungen in den USA zeigten, dass neben Homosexuellen vorwiegend Drogenabhängige, Empfänger von Blut (z.B. durch Bluttransfusionen) und Blutprodukten (Hämophile) und Kleinkinder von infizierten Müttern an Aids erkrankten. Dies führte 1982 zu der Vermutung, dass der Auslöser der neuen Erkrankung ein sexuell und parenteral übertragbarer Erreger sei. In Frankfurt am Main wird die Krankheit 1982 zum ersten Mal bei einem Patienten diagnostiziert. 1983 isolierte eine französische Forschergruppe um Luc Montagnier das Lymphadenopathie-Virus (LAV), bei dem sie die Ursache für Aids vermuteten. Eine kausale Beziehung zwischen dem Virus und der Immunschwächeerkrankung wurde kurze Zeit später behauptet. Im selben Jahr wird in Berlin die AIDS-Hilfe gegründet. 1984 wird im US-Krebsinstitut ein bei Aids-Patienten entdecktes Virus HTLV-III genannt. Bald stellt sich heraus, dass LAV und HTLV-III identisch sind. 1985 erhält Robert Gallo das US-Patent für den ersten ELISA-Antikörper-Test, der von der US-Zulassungsbehörde zugelassen wird. Im gleichen Jahr findet in Atlanta (USA) die erste Welt-Aids-Konferenz statt.
Im Jahr 1986 wird für den Virus der Name Humanes Immundefizit Virus (HIV) etabliert. Ein Jahr später, 1987, wird mit AZT (Retrovir) das erste Therapeutikum zugelassen. In einer Studie hat es die Sterberate unter HIV stark reduziert. Im Jahr 1988 wird von der WHO der 1. Dezember zum Welt-Aids-Tag erklärt. 1989 wird bei HIV-Patienten die Pentamidin-Inhalation zur Prophylaxe der Pneumocystis-carinii-Pneumonie eingeführt.
Im Jahr 1990 wird aus Protest gegen die Diskriminierung von HIV-Infizierten auf der Aids-Konferenz in San Francisco das Red Ribbon, ein rotes Armband etabliert. Ein Jahr später wird die Rote Schleife international zum Symbol für den Kampf gegen Aids. 1992 wird aufgrund der US-Einreisebestimmungen der Welt-Aids-Kongress von Boston nach Amsterdam verlegt. Außerdem wird im Gedenken an Freddie Mercury von den verbleibenden Queen-Mitgliedern die Stiftung Mercury Phoenix Trust gegründet.
In der frühen Therapie HIV-Infizierter ergibt sich 1993 in einer Studie kein Überlebensvorteil mit der AZT-Therapie. 1994 wird HIV-PCR als wichtiger Marker für die Therapiekontrolle des Infektionsverlaufes etabliert. Im folgenden Jahr, 1995, kommt der erste Protease-Hemmer, Saquinavir, in den USA auf den Markt. Im folgenden Jahr wird Nevirapin als erster nicht-nukleosidischer Reverse-Transkriptase-Hemmer zugelassen. Durch die intensive Kombitherapie nehmen die Sterberaten in den USA 1997 drastisch ab. 2003 wird mit Enfuvirtid (Fuzeon) der erste Fusionshemmer in den USA zugelassen. 2004 wird von der WHO die Initiative 3 by 5 gestartet: 3 Millionen Infizierte sollen im Jahr 2005 mit Medikamenten versorgt werden.
Zu Anfang galt die Erkrankung in der öffentlichen Wahrnehmung als Problem von Randgruppen wie Homosexuellen und Drogenabhängigen, daher war sie in den USA bis 1982 auch unter den Namen GRID (Gay-Related Immune Deficiency) oder GIDS (Gay People's Immuno Defiency Syndrome) bekannt. Dies änderte sich jedoch auf dramatische Weise durch das Aufkommen von HIV-Tests. Denn auch Menschen ohne klinische Symptome hatten Antikörper, was auf eine Inkubationszeit von mehreren Jahren hindeutete, in der das Virus möglicherweise auch weitergegeben wurde. 1984 ergaben Untersuchungen, dass Aids in Kinshasa bei Männern und Frauen gleich häufig auftrat, unabhängig von Drogenkonsum und Bluttransfusionen.
In den USA wurde 1985 berichtet, dass bei untersuchten Hämophiliekranken ("Blutern"), die sich durch Blutkonserven infiziert hatten, die Ansteckungsrate der Ehefrauen bei 70 % lag. Die Erkenntnis, dass die Ansteckungsgefahr bei heterosexuellem Geschlechtsverkehr deutlich höher zu sein schien als zunächst angenommen, führte zu einem großen öffentlichen Interesse. Die Kombination aus den nun bekannten Ansteckungswegen und langer Inkubationszeit ließen epidemiologische Hochrechnungen ein apokalyptisches Bild zeichnen. Eine geschichtlich einmalige Massenhysterie breitete sich aus: Aids schien zu einer Bedrohung der Menschheit geworden zu sein.
Die jährliche Verdopplung von Neuerkrankungen hielt in Deutschland nur von 1984 bis 1987 an, danach verlief der Anstieg der Zahl von Erkrankten weniger steil, bis sich die Zahlen im Jahre 1993 auf ca. 2000 einpendelte. Dadurch änderte sich auch schnell wieder das öffentliche Interesse an Aids. 2003 steckten sich weltweit ungefähr 4,8 Millionen Menschen neu mit dem Virus an, im selben Jahr starben circa 2,9 Millionen Menschen daran.
Aus epidemiologischer Sicht ist das weltweite Verteilungsmuster von HIV interessant: Während sich die meisten Viren gleichmäßig schnell ausbreiten, war dies bei HIV anders. Während die HIV-Epidemie in den USA bereits vor 20 Jahren begann, gab es einige Länder, die von HIV verschont zu sein schienen, dann aber mit großer Geschwindigkeit vom Virus erobert wurden. So geschah es vor allem in Osteuropa und Asien Mitte der 1990er Jahre. In anderen Ländern, zum Beispiel Kamerun, blieb die Prävalenz von HIV Jahre lang stabil, um dann sprunghaft anzusteigen. Auch eine Obergrenze in der HIV-Prävalenz scheint es nicht zu geben. So stieg die Quote der schwangeren Frauen mit HIV in städtischen Zentren in Botswana nach 1997 in vier Jahren von 38,5 % auf 55,6 %.
Dass HIV erfolgreich zu bekämpfen ist, zeigt das Beispiel Uganda. 1992 lag die Prävalenz von HIV bei schwangeren Frauen bei nahezu 30 % und konnte auf 10 % im Jahre 2000 gesenkt werden. Grundlagen dieses Erfolges waren die landesweite Einführung von Sexualkundeunterricht, flächendeckende Kampagnen zur Steigerung der Akzeptanz von Kondomen, HIV-Tests, deren Ergebnisse noch am selben Tag bekannt gegeben wurden und Selbsthilfe-Kits für sexuell übertragbare Krankheiten. Diese Erfolge sind jedoch nur mit finanziellen Mitteln durchführbar, die viele der Hochendemie-Länder in Afrika nicht allein aufbringen können. Unabdingbar ist ferner ebenso ein politischer Wille, diese Seuche aktiv zu bekämpfen.
Mit HIV/Aids lebende Personen | Neuinfektionen | Todesfälle | Todesfälle aufsummiert | Quelle | |
---|---|---|---|---|---|
1980 | (~ 2.000.000)1 | - | - | - | - |
1993 | (12.900.000)1 | - | - | (2.500.000)1 | - |
1999 | - | 4.000.000 | - | - | - |
2000 | - | 3.800.000 | - | - | - |
2001 | 34.900.000 (40.000.000)1 | 3.400.000 | 2.500.000 | 20 - 22 Mio | - |
2002 | - (42.000.000)1 | 3.500.000 | 3.100.000 | ~ 21.1 Mio | - |
2003 | 37.800.000 | 4.800.000 | 2.900.000 | ~ 24.0 Mio | - |
2004 | 39.400.000 | 4.900.000 | 3.100.000 | ~ 27.1 Mio | - |
2005 | 40.300.000 | 4.900.000 | 3.100.000 | > 25 Mio | Aids epidemic update December 2005 (UNAIDS) |
1Bei der Berechnung der Gesamtzahl aller Infektionen wandte UNAIDS ab 2004 eine neue Methodik an, die eine relative Korrektur der Zahlen nach unten nach sich zog. Nach alter Methodik ermittelte Zahlen sind zur Unterscheidung kursiv gesetzt, für 2001 finden sich zum Vergleich beide Werte angegeben, ein korrigierter Wert für 2002 ist nicht bekannt.
Globale Verteilung | 2001 | 2002 | 2003 | 2004 | 2005 |
---|---|---|---|---|---|
Subsahara-Afrika | 23,8 Millionen | 24,4 Millionen | 25,0 Millionen | 25,4 Millionen | 25,8 Millionen |
Süd- & Südostasien | 5,9 Millionen | 6,4 Millionen | 6,5 Millionen | 7,1 Millionen | 7,4 Millionen |
Latein-Amerika | 1,4 Millionen | 1,5 Millionen | 1,6 Millionen | 1,7 Millionen | 1,8 Millionen |
Osteuropa & Zentralasien | 890.000 | 1,0 Millionen | 1,3 Millionen | 1,4 Millionen | 1,6 Millionen |
Ostasien | 680.000 | 760.000 | 900.000 | 1,1 Millionen | 870.000 |
Nordamerika | 950.000 | 970.000 | 1 Million | 1 Million | 1,2 Million |
West- und Zentraleuropa | 540.000 | 600.000 | 580.000 | 610.000 | 720.000 |
Nordafrika und Naher Osten | 340.000 | 430.000 | 480.000 | 540.000 | 510.000 |
Karibik | 400.000 | 420.000 | 430.000 | 440.000 | 300.000 |
Ozeanien | 24.000 | 28.000 | 32.000 | 35.000 | 74.000 |
Alle Zahlen von UNAIDS
Im südlichen Afrika ist die Rate am höchsten. Die Rate der schwangeren HIV-Infizierten unter 20 Jahren ist in Südafrika auf 15,4 % gesunken (1998: 21 %); dies bedeutet, dass Aufklärungsprogramme langsam Erfolge zeigen. Jedoch sind die Aids-Raten bei älteren Frauen immer noch sehr hoch. 32 % der Frauen zwischen 24 und 29 Jahren sind derzeitig mit der Krankheit infiziert. Insgesamt sind 20 % der Bevölkerung Südafrikas mit HIV infiziert. Das Land mit der weltweit höchsten Aids-Rate ist das benachbarte Swasiland, wo 2005 42 % der Bevölkerung infiziert waren.
Die Zahl der Neuinfektionen lag einige Jahre relativ konstant bei knapp 2.000 pro Jahr. 2005 betrug die Zahl der Neuinfizierten in Deutschland ca. 2.600. Ende 2005 lebten ca. 49.000 HIV-infizierte Menschen in der Bundesrepublik, davon 39.500 Männer und 9.500 Frauen, sowie ca. 300 Kinder. 8.000 von ihnen zeigten das Vollbild Aids. Von den 2.600 Neuinfizierten waren ca. 85% Männer, 70% Männer die Sex mit Männern hatten, 20% waren Übertragungen durch heterosexuellen Sex, 9% Infektionen durch infizierte Spritzen bei Drogenmissbrauch und 1% Übertragungen von der Mutter auf das Kind, meist während der Geburt.
Die Zahl der neu an Aids Erkrankten liegt bei ca. 850 pro Jahr und ist ebenfalls relativ konstant. Etwa 750 Menschen sind 2005 an den Folgen einer HIV-Infektion beziehungsweise an Aids verstorben. Von Anfang der 1980er Jahre bis 2005 haben sich in der Bundesrepublik Deutschland etwa 75.000 Menschen mit HIV infiziert, etwa 31.500 Menschen sind an Aids erkrankt und etwa 26.000 sind an den Folgen der HIV-Infektion gestorben.
Manche befürchten einen Anstieg der Infizierungsrate, weil zum einen die Aufklärungswelle der 1990er-Jahre verebbt sei und sich zum anderen gerade bei Jugendlichen zwischen 13 und 16 Jahren eine erstaunliche Unkenntnis in bezug auf die latente Ansteckungsgefahr beim ungeschützten Sexualakt zeigt. So behauptet erschreckenderweise jeder fünfte Jugendliche, dass man einem HIV-Positiven ?die Krankheit ansehen könne?. Hinzu kommt eine Verharmlosung und gelegentliche Faszination von Gefahren, die bei manchen zu bewusst risikoreicherem Verhalten (Barebacking) führt. Grund zur Besorgnis gibt weiterhin der kontinuierliche Anstieg von anderen sexuell übertragbaren Krankheiten. Nicht nur, dass sich damit das Risiko einer Ansteckung erhöht, es zeigt auch, dass die Akzeptanz von Kondomen rückläufig zu sein scheint. Diese Befürchtungen werden bestärkt durch die Tatsache, dass sich laut des Berliner Robert-Koch-Instituts (RKI) in den ersten acht Monaten des Jahres 2005 zwanzig Prozent mehr Menschen mit HIV angesteckt haben, als im vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres.
Mehr als 80 Prozent sind Männer und nahezu 70 Prozent der Gesamtzahl sind Männer, die gleichgeschlechtliche Kontakte hatten. Das Infektionsrisiko für diese Männer ist damit doppelt so groß wie vor vier Jahren - und so hoch wie seit zwölf Jahren nicht mehr.
Ende 2004 lebten etwa 9.400 HIV-Infizierte in Österreich, mehr als die Hälfte davon in Wien. Die Zahl der Neuinfizierungen beträgt seit 2003 etwa 450 pro Jahr. Die niedrigste Rate war 1997 mit 297, die höchste 1993 mit 561 Neuinfektionen. Der Anstieg der Neuinfektionen kann durch das Ende der Aufklärungswelle der 1990er-Jahre erklärt werden.
Zwischen 1983 und 1. Dezember 2005 sind in Österreich 2.463 Menschen an Aids erkrankt und 1.418 gestorben. Von 2003 mit 50 neuen Erkrankungen, stiegen sie im Jahr 2004 auf 65 an. Im Vergleich der ersten drei Quartale, stiegen die HIV-Neuinfektionen von 317 im Jahr 2003 auf 364 in den Jahren 2004 und 2005 an.
In der Schweiz wurden im Jahr 2005 702 positive HIV-Tests gemeldet. Seit 2002 hat die Anzahl der Neuansteckungen von 791 leicht abgenommen. Besonders stark betroffen sind die Kantone Zürich, Waadt und Genf.
Bei den Männern sind 2005 die meisten Ansteckungen mit 49,1 % nach homosexuellen Geschlechtsverkehr zu verzeichnen. Seit 2003 zeigt sich in dieser Gruppe eine Zunahme von 13,9 % und bewegt sich damit über dem Höchststand von 1994. Die Anzahl der Ansteckungen nach heterosexuellem Kontakt folgt mit 38,1 %. Diese Gruppe stieg nach 2002 wieder an, konnte sich aber 2005 wieder senken und scheint sich auf gleichbleibend hohem Niveau zu halten. Die Ansteckungen nach Drogenkonsum sinken seit 2003 weiter auf 9,7 %.
Bei den Frauen ist das Ansteckungsrisiko bei heterosexuellem Kontakt mit 80,6 % am grössten und stieg seit 2002 um 10,7 %. Die Infizierungen nach Drogenkonsum bleiben mit 11,1 % auf konstantem Niveau.
Bei Ansteckungen nach homosexuellen Kontakten sind hauptsächlich Bürger aus der Schweiz mit etwa 72 % betroffen, gefolgt mit 15 % von Personen aus der EU. Das Verhältnis bewegt sich bei Ansteckungen nach Drogenkonsum etwa im gleichen Verhältnis (63 % aus der Schweiz und 20,4 % EU). Bei den heterosexuellen Beziehungen zeigt sich jedoch ein stark grösserer Anteil an ausländischen Personen. Besonders stark betroffen sind Personen aus der Subsahara mit 41 %.
Die Aids-Pandemie hat ihre schlimmsten Ausmaße südlich der Sahara. Hier leben 26 Millionen Menschen mit einer HIV-Infektion. In einigen Ländern hat sich durch die Immunschwächeerkrankung die Lebenserwartung um mehr als zehn Jahre gesenkt. Warum sich die Erkrankung hier so viel schneller verbreitet, ist nicht ganz geklärt.
Es scheint einige Faktoren zu geben, die die Ausbreitung begünstigen: während in Europa und Nordamerika schon kurz nach der Entdeckung des HI-Virus Endzeitstimmung verbreitet wurde und die Massenmedien große Teile der Bevölkerung mit Informationskampagnen über die tödlichen Gefahren der Sexualität sowie auch über die viralen Übertragungswege und die Prävention überzogen, blieb Aids in vielen Teilen Afrikas ein Tabuthema. So hatte das HI-Virus fast zwanzig Jahre mehr Zeit, sich ungehindert auszubreiten.
Einige Wissenschafter widersprechen mit Entschiedenheit der wissenschaftlichen Erkenntnis der Ursächlichkeit des HI-Virus für AIDS. Dazu gehören insbesondere der Retrovirologe Peter Duesberg und der Chemie-Nobelpreisträger Kary Mullis. Duesberg war 2001 Mitglied der südafrikanischen Aids-Beratungskommission (s. Dokumente). Mullis entdeckte 1983 das PCR-Verfahren, mit dem u.a. HI-Viren im Körper von Betroffenen nachgewiesen werden.
Ohne Verpflichtung auf eine Einheitsdoktrin haben sich die Kritiker in der Group for the Scientific Reappraisal of the HIV-Aids Hypothesis (Gruppe für die wissenschaftliche Überprüfung der HIV-Aids-Hypothese) zusammengefunden. Im Unterschied zu Duesberg und Mullis bestreiten einige Mitglieder die Infektiosität oder Übertragbarkeit des HI-Virus. Andere bezweifeln sogar seine Existenz. Die Gruppe benennt hauptsächlich harte Drogen, Unterernährung und die Einnahme hochtoxischer antiviraler Medikamente als Aids-Ursache (vgl. Aids-Dissidenten).
Der hauptsächlich in der DDR wirkende Biologe Jakob Segal (1911-1995) stellte 1987, noch während des Kalten Krieges die These auf, dass das HI-Virus nicht von Affen stammt, sondern in den Labors US-amerikanischer Mikrobiologen für militärische Zwecke künstlich hergestellt worden sei - eine Basis vieler Verschwörungstheorien, die Aids als eine gegen bestimmte Personengruppen eingesetzte Biowaffe sehen. So ist beispielsweise in einigen afrikanischen Ländern die These gängig, dass westliche Rassisten die Krankheit Aids auf ihren Kontinent gebracht haben, um die dortige Bevölkerung zu dezimieren und den Rohstoffreichtum mit Hilfe von korrupten Regimes neo-kolonialistisch auszubeuten. Die Verschwörungstheorie soll vom sowjetischen Geheimdienst KGB in die Welt gesetzt worden sein, um die Stimmung in Afrika antiamerikanisch zu beeinflussen.
Das Krankheitssyndrom Aids hat sich weltweit zu einer ernsten Herausforderung für direkt Betroffene, für die medizinische Wissenschaft, aber auch für all jene, die derartige Patienten zu betreuen haben oder mit ihnen zusammenleben müssen, entwickelt. Fernab von jeder Stigmatisierung aidskranker Patienten gilt es, Mittel und Wege zu finden, ihnen besser wirksam zu helfen: Sei es durch immer noch nicht ausreichend verfügbare therapeutische Maßnahmen, sei es im Sinn der symptomatischen Therapie und palliativen Medizin. Geboten ist zudem umfassende und wirksame Prävention.
Die Suche nach einer ethisch vertretbaren Aids-Bekämpfungsstrategie führt zu teils gegenteiligen Ergebnissen: Die einen betonen die unbedingte Notwendigkeit eines ausschließlich oder doch primär ?technischen? Schutzes gegen die Ausbreitung der Krankheit. Andere sehen diese Antwort als nicht ausreichend an bzw. lehnen diese aus Gründen einer religiösen Ethik ab. Sie betonen den Wert der dauerhaften ehelichen Treue neu bzw. fordern im konkreten Fall auch zeitweise oder völlige Enthaltsamkeit ein. Die Propagierung von Kondomen als Schutz gegen Aids sei vom religiös-christlichen Standpunkt aus bedenklich. Man argumentiert, auf diese Weise werde ein mit Promiskuität und gewissen sexuellen Praktiken assoziierter verantwortungsloser Lebensstil gefördert, der die eigene Person sowie andere Menschen einer todbringenden Gefahr aussetze.
Im Oktober 2003 deckte die BBC in einer Reportage auf, dass Priester, Nonnen und katholische Sozialarbeiter auf direkte Weisung des Vatikans überall in der dritten Welt die Unwahrheit verbreiten, Kondome böten keinen Schutz vor Aids. Das Virus könne jederzeit durch das Latex schlüpfen, weil es 450-mal kleiner sei als ein Spermatozoon und damit auch deutlich kleiner als Poren im Material. So macht etwa der Erzbischof von Nairobi, Raphael Ndingi Nzeki, in Kenia, wo nach offiziellen Schätzungen bereits 20 % der Bevölkerung mit HIV infiziert sind, die Verfügbarkeit von Kondomen für die rasche Ausbreitung der Epidemie verantwortlich. Nach Aussage von Gesundheitsarbeitern erzählen manche Priester sogar, dass die Kondome selbst mit dem Virus beschichtet seien. [3]
Viele Gesundheitsorganisationen betrachten die religiös motivierte und sachlich irreführende Anti-Kondom-Propaganda zahlreicher Kirchen als ein großes Hindernis für ihre Präventionsarbeit. Sie sei in hohem Maße unethisch, weil sie die Wahrung einer restriktiven Sexualmoral für wichtiger als oder ausreichend für die mögliche Eindämmung der Aids-Epidemie halte.
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