Vergiftung

Die Vergiftung (als lateinisch-griechisches Kompositum auch die Intoxikation) ist ein pathophysiologischer Zustand, der als Folge der Einbringung von Toxinen ("Gift") in den Körper auftritt.

Das Krankheitsbild wird eine Toxikose (griechisch τοξίκωση, toxíkosi - die Vergiftung) genannt. Vergiftungen mit mehreren Stoffen bezeichnet man als Misch- oder Polyintoxikationen. Toxine sind häufig bakterieller Herkunft (zum Beispiel viele Lebensmittelvergiftungen). In der International Classification of Diseases (ICD-10) werden die Vergiftung und toxische Wirkungen unter den Schlüsselzahlen 960 - 989 angegeben. Mehrere Formen von Vergiftung werden unterschieden:

Akute Vergiftung

Ursache akuter Vergiftungen ist meist die versehentliche ("akzidentelle") oder beabsichtigte (Suizidversuch) Einnahme. Bei der Behandlung ist in erster Linie auf den Selbstschutz zu achten. Die Lebensfunktionen des Patienten müssen aufrecht erhalten werden. Eine einfache entgiftende Maßnahme ist das Erbrechenlassen durch Brechmittel (Ipecacuanha und andere), das jedoch bei bestimmten Toxinen kontraindiziert ist (etwa bei Benzin oder schaumbildenden Substanzen). Weitergehende unspezifische Maßnahmen sind die Magenspülung, die Aktivkohletherapie und die Peritoneallavage. Manche Vergiftungen können mit spezifischen Gegengiften (Antidot) behandelt werden.

Chronische Vergiftung

Von einer chronischen Vergiftung spricht man bei langdauernder Einwirkung (Exposition) eines Giftes. Dies ist ein wichtiges Problem der Arbeitsmedizin. Auch langfristige Einnahme von Medikamenten kann zu chronischen Vergiftungserscheinungen führen. Berühmte Beispiele sind die Bleikinder und die Gressenicher Krankheit, aber auch der Alkoholismus.

Rechtsmedizinische Gesichtspunkte

Eine wichtige ärztliche Aufgabe in Vergiftungsfällen ist die Beweissicherung und Dokumentation. Es sollten Giftproben, Urin-, Blut- oder Gewebeproben sichergestellt werden. Bei manchen Vergiftungen erlauben bereits äußerliche Zeichen eine Diagnose des Toxins. Beispielsweise werden handelsübliche Präparate des Pflanzenschutzmittels E 605 intensiv hellblau gefärbt. Vergiftungen damit sind manchmal an der blauen Farbe am Mund des Patienten zu erkennen.

Differenzialdiagnose

Die Möglichkeit einer Vergiftung sollte in Betracht gezogen werden bei

  • unerwarteten Todesfällen bei jungen, bis dahin gesunden Menschen
  • bei plötzlichen Erkrankungen von Kindern ohne bekannte Vorerkrankungen
  • bei gleichzeitiger Erkrankung mehrerer Personen
  • bei Rauschgiftabhängigen
  • bei Personen mit erleichtertem Zugang zu Giften.

Vergiftungsursachen

Vergiftungsursachen sind stark von Altersgruppe und Vergiftungsorten abhängig. Z.B. häufigste Vergiftungsfälle sind bei Kindern 1-4 Jahre durch Arzneimittel, chemischen Produkten und Pflanzen, und bei Säuglingen häufiger als bei über 70 Jahre alten Leuten. Unter anderen Vergiftungsursachen sind auch Kosmetika, Pestizide, Pilze, Nahrungs- und Genussmittel o. a. zu beachten. Unter Vergiftungsorten ist auf dem 1. Platz der Haushalt, als weitere Orte sind z.B. der Arbeitsplatz, Kindergärten und Krankenhäuser zu berücksichtigen. Die Vergiftungsursachen sind anhand der Symptome frühzeitig feststellbar und durch die entsprechende Therapie zu behandeln.

Epidemiologie

1995 wurden 2.944 Todesfälle durch Intoxikationen gezählt. Häufigster Stoff bei Intoxikationen sind das Kohlenstoffmonooxid (CO), die Opioide (Heroin, Morphin etc.) gefolgt von den Schlaf- und Beruhigungsmitteln (Hypnotika). Danach folgen die Alkoholvergiftungen (Ethanol, Methanol und Ethylenglykol). Laut der Kriminalstatistik des BKA 2004 www.bka.de/pks/pks2004/index.html steht an erster Stelle Ethanol. Auch 1995 war laut BKA der Anteil der nicht verkehrfähigen Medikamente und Gifte bei tödlichen Vergiftungen etwa ein Drittel. Alkohol und legale Genussmittel hätten laut dem Bundeskriminalamt dagegen eine 2/3 Valenz an Intoxikationen.

Giftinformation

Solche Informationen geben Vergiftungsberatungsstellen (z.B. in Deutschland, Schweiz, Österreich). Sie geben schnelle Hilfe in Vergiftungsverdachtsfällen für die Bevölkerung und für medizinisches Fachpersonal.

Giftnachweis

Erfolgt mit Hilfe mehrerer Methoden. Die sichersten und verbreitetsten sind Ringversuche.

Rechtswissenschaften

Im Strafgesetzbuch war die Vergiftung bis 1998 als eigenständiger Tatbestand eines Verbrechens in § 229 StGB aF geregelt. Durch das 6. Strafrechtsreformgesetz wurde er in den § 224 (gefährliche Körperverletzung) überführt. Dadurch wurde der Tatbestand zu einem Vergehen herabgestuft, dessen Qualifikationen sich nunmehr nach den Regeln der Körperverletzung richten. Dabei umfasst die rechtliche Regelung auch das äußerliche Vergiften durch Kontaktgifte. Im Zusammenhang mit der Rechtsprechung ist die Vergiftung auch eine Hinrichtungsart bei der Vollstreckung von Todesstrafen. Durchgeführt wird sie durch Verabreichung von Nervengiften durch Applikation mittels Kanüle (Todesspritze) oder durch Vergasung (Gaskammer).

Rechtliche Grundlagen im Bereich der Toxikologie sind folgende Gesetze:

  • Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (AMG von 18.2.2005)
  • Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (BtMG von 10.3.2005)
  • Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (GefStoffV von 23.12.2004)
  • Verwendung über Verwertungs- und Beseitigungsnachweises (NachwV von 15.02.2002)

Weblinks


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