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In Europa ist die Kaufsucht oder auch Oniomanie ein noch relativ junges Themengebiet.
Erforscht wird sie etwa seit Beginn der 90er-Jahre. Unter Kaufsucht versteht man
das überwiegend anfallartige Kaufen von Konsumgütern, welches dem Konsumenten eine
kurzzeitige Befriedigung verschafft. Die einzelnen Kaufanfälle können dabei bis zu
drei Wochen auseinander liegen.
Grund für eine Kaufsucht können zum Beispiel ein geringes Selbstwertgefühl bzw. Minderwertigkeitsgefühle sein, das durch den Besitz von vielen, teuren oder extravaganten Gütern zu kompensieren versucht wird. Von einem problematischen Kaufverhalten wird erst gesprochen, wenn das Kaufen dazu dient, Problemen aus dem Weg zu gehen, Anerkennung zu erhalten oder die eigenen Gefühle zu verbessern.
Eine Untersuchung aus Österreich zeigte im Jahr 2006, dass Frauen im Alter zwischen 14 und 24 Jahren am stärksten kaufsuchtgefährdet sind. In dieser Altersklasse seien 12,2 Prozent der Frauen stark und 51,3 Prozent deutlich kaufsuchtgefährdet. Männer derselben Altersklasse seien insgesamt nur zu 48,8 Prozent gefährdet - im Gegensatz zum Gesamtwert von 63,5 Prozent bei Frauen.
Die Übergänge von einem exzessiven Kaufverhalten zu einer klinisch relevanten Kaufsucht
sind fließend. Kaufsüchtige sehen das Kaufen meist als einzige Chance, ihre Probleme
zu lösen bzw. kurzzeitig zu vergessen. Sie kaufen regelmäßig Konsumgüter, die sie
nicht brauchen und teilweise nicht einmal auspacken. Zu Hause werden die Gegenstände
angesammelt und oft nicht weiter beachtet. Der Betroffene ist also abhängig vom Kauferlebnis
bzw. dem Suchterleben während des Kaufs und nicht etwa von den gekauften Gütern bzw.
Dienstleistungen.
Nicht selten folgt nach dem Kauf direkt das schlechte Gewissen und das erwünschte Hochgefühl verschwindet wieder. Es kommt zur Reue, dass man sich selbst nicht im Griff hat und das eigene Kaufverhalten nicht zu kontrollieren vermag. Teils werden die erworbenen Güter versteckt oder weggeworfen, aus Angst, dass jemand das auffällige Kaufverhalten bemerkt. Aufgrund von schlechten Gefühlen konsumiert der Betroffene immer mehr, um - ähnlich wie bei stoffgebundenen Süchten - erneut die gewünschte Wirkung zu erzielen. Suchtkriterien sind somit unter anderem Entzugserscheinungen, Kontrollverlust sowie die Unfähigkeit nichts zu kaufen.
Die Kaufsucht kann zu einer enormen Verschuldung führen, ebenso wie zu sozialer Isolation. Beim Betroffenen kann es außerdem zu Depressionen, Existenzängsten und enormen Schuldgefühlen kommen. Manchmal geraten Betroffene auch in Konflikt mit dem Gesetz, wenn sie zum Beispiel auf illegalem Weg versuchen, an Geld für erneute Einkäufe zu gelangen.
Allgemein sollten Betroffene sich zuerst ihrer Sucht bewusst werden und den Willen haben, die eigene Situation zu ändern. Folglich kann es hilfreich sein, eventuelle Kundenkarten abzuschaffen, nur noch in Begleitung sowie mit Einkaufszettel und Bargeld einzukaufen, Spontankäufe zu vermeiden sowie interessante Güter zurücklegen zu lassen, um den Kauf zu überdenken.
Nachdem das suchtartige Kaufverhalten unterbrochen wird, gilt es, die Ursachen zu beseitigen. Dies kann geschehen durch das Erlernen von Konfliktlösestrategien, der Umsetzung von Freizeitaktivitäten sowie der Erarbeitung eines gesunden Selbstwertgefühls.
Bei Anzeichen einer Kaufsucht können sowohl Betroffene, als auch Angehörige zunächst
eine Suchtberatungsstelle aufsuchen um sich zu informieren. Im Zweifelsfall sollte
der Betroffene eine Psychotherapie durchführen, die ihm einen verhältnismäßigen
Umgang mit Geld und Konsum ermöglicht.
Die Verbreitung von kaufsüchtigem Verhalten hat zwischen 1991 bis 2001 bedeutsam zugenommen. In den neuen Bundesländern sei die Anzahl kaufsuchtgefährdeter Personen nach diesen zehn Jahren sechsmal so groß, als in den alten. Die Rahmenbedingungen der Gesellschaft, wie beispielsweise die kartengestützten Zahlungssysteme oder das stetig wachsende Warenangebot scheinen eine Kaufsucht stark zu begünstigen.
Eine Studie zur Kaufsucht aus dem Jahr 2001 zeigt, dass rund sieben Prozent der
deutschen Erwachsenen als stark kaufsuchtgefährdet einzuschätzen sind. Der Frauenanteil
beträgt dabei rund 66 Prozent. Nach Angaben einer deutschen Krankenkasse waren im
Jahr 2010 rund 800.000 Personen in Deutschland kaufsüchtig.
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