Handy-Sucht

Unter Handy-Sucht versteht man das starke Verlangen mit gerade nicht anwesenden Personen via Telekommunikation (Mobiltelefonanruf, SMS) in Kontakt treten zu wollen. Diese Abhängigkeit ist eine Seite der von den Psychotherapeuten offiziell als Mobile and Internet Dependency Syndrome - kurz: MAIDS - bezeichneten Entzugserscheinungen.

Schon immer jüngere Kinder und Jugendliche erhalten ein eigenes Handy. Diese frühe Gewöhnung fördert eine eventuelle Abhängigkeit
Schon immer jüngere Kinder und Jugendliche erhalten ein eigenes Handy. Diese frühe Gewöhnung fördert eine eventuelle Abhängigkeit

Das Phänomen ist zwar als nicht neu zu bezeichnen, doch gibt es derzeit noch wenig Forschungsergebnisse dazu. Intensiver hat sich damit das mcminstitute der Universität St. Gallen beschäftigt. Das unter Prof. Dr. Peter Glotz durchgeführte Projekt befasste sich mit Themen wie Abhängigkeit vom Mobiltelefon, dem Einfluss auf Beziehungen und Kommunikationsgewohnheiten, dem Zusammenspiel von Kindern und Mobiltelefonen und dem Jugendschutz. Die Resultate des Projektes, weitere ergänzende Artikel von Experten aus Wissenschaft und Praxis werden 2005 in einem englischsprachigen Buch der Universität St. Gallen veröffentlicht werden.

Die britische Teleconomy Gruppe (ein Forschungsinstitut, das sich mit allen Formen der Telekommunikation auseinandersetzt) hat in einer im Jahre 2005 durchgeführten Studie erhoben, dass 26 % der befragten Personen in United Kingdom angaben nicht ohne Mobiltelephon leben zu können. Professor Michael Hulme - Vorsitzender der Teleconomy Gruppe - führt hierzu aus, dass eine der maßgeblich prägenden Merkmale dieser Abhängigkeit darin besteht, dass diese Personengruppe das Mobiltelephon 24 Stunden eingeschaltet lassen. Diese Personen - so die Studie - haben Angst ein Gespräch zu versäumen, und ein versäumtes Gespräch bedeute von einem sozialem Netzwerk abgeschnitten zu werden.

Psychologen sehen hinter dieser Form von Abhängigkeit die Angst vor Einsamkeit und innerer Leere, die besonders in so genannten unproduktiven Momenten (Autofahren, in der U-Bahn, am Weg zum Arbeitsplatz, in Pausen, in Warteräumen und dergleichen) bewusst wird. Im Wesentlichen lassen sich die Situationen in denen zum Handy gegriffen wird auf zwei Situationen reduzieren:

  • Momente in denen sich die Person einsam und leer fühlt. Sehr oft reichen schon Situationen aus, die nicht mit Arbeit, Geschwätz, Fernseher und anderem Lärm ausgefüllt werden können um den notwendigen Griff zum Handy auszulösen. Auf diese Art und Weise kann jede Begegnung mit sich selbst vermieden werden und jede Selbstreflexion unterdrückt werden und paradoxerweise sehr häufig jedes direkte Gespräch (Aug im Auge) mit Anwesenden unterbunden werden. Die fiktive Zugehörigkeit zu einem sozialen Netz wird als wichtiger empfunden als der direkte Kontakt.
  • Momente in denen Personen der Wahrnehmung durch andere ausgesetzt sind und Angst haben als nicht begehrt wahrgenommen zu werden. Der telefonische Kontakt unterstreicht die Wichtigkeit und Unentbehrlichkeit und verhindert gleichzeitig den Kontakt mit sehr oft unbekannten Personen.

Wie alle Süchte führt auch die Handysucht in die Isolation. Das erscheint insoweit paradox als es ja vordergründig um Kommunikation und Zugehörigkeit geht. Doch ist es nur mehr eine signalhafte Kommunikation, ein Lückenfüller, telekommunikativer Austausch von Belanglosigkeiten anstatt wirklicher Zuwendung.

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