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Unter Appetit (lat. appetitus cibi ? Verlangen nach Speise, v. adpetere = begehren) versteht man einen psychischen Zustand, der sich durch das lustvoll geprägte Verlangen, etwas zu essen, auszeichnet. Damit unterscheidet er sich als psychologisches Phänomen von dem in erster Linie physiologischen Gefühl des Hungers. In den Worten der Essayistin Anita Daniel (1902-1982): ?Appetit ist die Luxusausgabe des Hungers.?
Appetit meint darüber hinaus in der Regel das Verlangen, etwas ganz Bestimmtes, Nahrungsmittel oder Gericht, zu sich zu nehmen. Man hat also beispielsweise Appetit auf eine Banane oder - etwas komplexer - einen Coq au vin. Das echte Hungergefühl ist unangenehm bis schmerzhaft und weitaus weniger wählerisch: Hunger ist das Bedürfnis, irgendetwas zu essen, um satt zu werden. Ein Hungergefühl wird durch Kontraktionen des leeren Magens, Unterzuckerung und Änderungen im Thermo- und Lipidstoffwechsel ausgelöst. Das Gefühl der Sattheit entsteht physiologisch, indem verschiedene Rezeptoren die entsprechenden Änderungen dieser Parameter in den Hypothalamus melden. Anders beim Appetit: Als psychologisch-kognitives Phänomen wird er stark von den Sinneswahrnehmungen beeinflusst. Sensorische Gegebenheiten wie Aussehen, Geruchs- und Geschmacksqualitäten, Temperatur und Konsistenz der Speisen spielen hier eine entscheidende Rolle. Sie können erinnert, imaginiert und in der Vorstellung vorweggenommen werden. Diesen Mechanismus könnte man als Appetit bezeichnen.
Für viele Menschen ist auch ein entsprechendes Angebot an sensorischen Reizen beim Essen selbst Voraussetzung für eine entsprechende Stimulierung. Bereits François Rabelais Gargantua war der Überzeugung: ?''L'appétit vient en mangeant''? (?Der Appetit kommt beim Essen.?) Außerdem tragen außergewöhnliche oder einfach neue sensorische Stimuli dazu bei, Appetit auch dann aufkommen zu lassen, wenn man eigentlich schon gesättigt ist. So lassen uns dann Aussehen, Aroma und Duft eines leckeren Desserts als Abschluss eines 7-Gänge-Menüs seufzend zugreifen. Appetit trägt bei vielen Menschen dazu bei, dass sie wesentlich mehr essen, als zur Sättigung notwendig wäre. Umgekehrt kann zu starker Hunger den Appetit und damit den Genuss an einem Essen mindern ? der Spitzenkoch Paul Bocuse servierte heißhungrigen Gästen als ersten Gang oft ein schlichtes Butterbrot.
Als Beweggrund der kulinarischen Welt und der Gastrosophie - ohne Appetit gäbe es weder Restaurants, noch die große Mehrzahl der Gerichte überhaupt - hat der Begriff auch kulturelle Bedeutung. Für Anthelme Brillat-Savarin ist der Appetit eine Gottesgabe: ?Der Herr hat dem Menschen geheißen, zu essen, um zu leben, er lädt ihn ein durch den Appetit und belohnt ihn durch den Genuss.? Der Appetit kann auch als das Verlangen des Körper nach bestimmten Nährstoffen interpretiert werden, welche er nach seiner Erfahrung mit bestimmten Geschmackserlebnissen und Speisen assoziiert.
Die sprachliche Unterscheidung zwischen Hunger und Appetit findet weitgehend durch die Erkenntnisse der Gastroenterologie und der Endokrinologie ihre Bestätigung, wenn sich auch erweist, dass die Natur mit der Sättigung noch ein Instrument ins Spiel gebracht hat, ohne das die Funktionen von Hunger und Appetit nicht richtig verstanden werden können. Im Dünndarm wie auch im Esszentrum des lateralen Hypothalamus regeln Neurohormone, voran Serotonin den Hunger, während Sättigungshormone wie Cholezystokinin im Sättigungszentrum in den ventromedialen Nuclei des Hypothalamus die Kontrolle über die Sättigung ausüben. Der Appetit dagegen entspringt dem Limbischen System. Das Zusammenspiel dieser Neurotransmitter und der drei genannten Nervenzentren ist die Grundlage für die Erfahrung, dass man sehr gut und viel essen kann, auch wenn man keinen Hunger (mehr) hat, weil der Appetit durch das Fehlen des Hungers nicht beeinträchtigt wird. Ein Medikament wie z.B. Reductil, das über die Verbesserung der Verfügbarkeit über das Esshormon Serotonin den Hunger für viele Stunden oder gar Tage beseitigt, ist daher entgegen der fälschlichen Bezeichnung kein Appetitzügler, wie eben Serotonin auch kein Sättigungshormon ist. Auf der anderen Seite bewirkt die Aktivierung des Sättigungshormons Cholezystokinin mit der Einschaltung der Sättigung zugleich die Abschaltung des Hungers und darüber hinaus auch das Ende des Appetits. Cholezystokinin hat indes nur eine "Halbwertzeit" von 1 - 2 Minuten, sodass die Sättigung selbst bei üppigem Essen nicht sehr lange vorhält. Natürlich kann man, wenn man nicht satt ist, auch ohne Appetit - auf bestimmte Speisen - problemlos viel essen, besonders aus Gewohnheit oder aus dem Versuch, mit Essen und Trinken zur Lebensfreude beizutragen. In Kenntnis dieser Gesetzmäßigkeiten haben Übergewichtige durchaus Möglichkeiten, ihr Gewicht durch eine Verringerung der täglichen Kalorienaufnahme zu reduzieren, etwa indem sie vor jeder Mahlzeit ein gutes Glas Wasser trinken, was eine wenn auch nur vorübergehende Sättigung herbeiführt.
Im Deutschen gibt es viele regionale und dialektale Synonyme für Appetit auf etwas. So spricht man
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