Drogenprävention aus erster Hand

Es gibt sie doch - jene Drogengeschichten, die nach langem Leid glücklich enden. Und in diesem Fall wird sie auch noch vom Betroffenen selbst erzählt: Der 44-jährige Münchner Alex G. war 15 Jahre heroinsüchtig. Mittlerweile hat er seine Sucht überwunden und über sein Leben, seine Erfahrungen, ein Buch geschrieben.

Ex-Junkie Alex G. möchte nach jahrelanger Drogensucht einen Beitrag leisten und engagiert sich im Bereich der Aufklärung.
Ex-Junkie Alex G. möchte nach jahrelanger Drogensucht einen Beitrag leisten und engagiert sich im Bereich der Aufklärung.

?Der Heroin Schuster? handelt von jener Zeit in Alex´ Leben, in der die Tage kürzer und die Schatten länger wurden. Kleinkrimineller mit 13, mit 17 der erste Schuss, mit 35 durch einen langwierigen Prozess wieder ins Leben zurück gekehrt. Dazwischen immer wieder Gewalt, Exzess und Kriminalität. Wahrlich eine etwas andere Münchner Geschichte.

Er ist aber nicht ?nur? Buchautor, sondern engagiert sich auch in der Drogenprävention an Schulen, öffentlichen Einrichtungen und Drogenberatungsstellen. Mit seinem Programm, ein Mix aus Lesung und Diskussion, ereicht er vor allem Jugendliche. Hier geht er einen anderen Weg als es etwa Sozialarbeiter oder Ärzte machen - denn seine Form der Drogenprävention ist aus dem Leben, aus seinem Leben, gegriffen. Nicht Statistiken und mahnende Worte stehen im Vordergrund, sondern die authentische Geschichte eines Ex-Junkie, der seine Sucht überwand und nicht dazu schweigt.

Michael Moser, freier Mitarbeiter der Salzburger Straßenzeitung Apropos, führte ein Interview mit Alex G. nach einer seiner Drogenpräventionsveranstaltung an einer Salzburger Schule:

Alex, in erster Linie großes Kompliment. Im Vorfeld sprach ich mit der Klassenlehrerin, die meinte, dass diese Schüler besonders ?schwierig? und ?unruhig? wären. Bei deiner Lesung war davon nichts zu merken.

In seinem Buch beschreibt Alex G. schonunglos das, was er zu Zeiten seiner Drogensucht erlebt hat. Gewalt, Knast und Selbstmordversuche inklusive.
In seinem Buch beschreibt Alex G. schonunglos das, was er zu Zeiten seiner Drogensucht erlebt hat. Gewalt, Knast und Selbstmordversuche inklusive.
Alex: Danke! Ich hatte das Gefühl, dass ich die Schüler erreicht habe. Ich denke, sie merken es, wenn jemand ehrlich zu ihnen ist. Und das weckt dann natürlich ihr Interesse und sie sind dann offen für mein Programm. Es war heute eine gute Veranstaltung. Ich bin sehr zufrieden.

Deine Veranstaltungen sind ja mehr, als es eine ?normale? Buchlesung ist. Wie würdest du dein Programm erklären?

Alex: Mein Programm ist ein Mix. Zum Einen lese ich aus meinem Buch vor, zum Anderen versuche ich, mit den Schülerinnen und Schülern direkt ins Gespräch, in eine Diskussion, zu kommen. Dies gelingt mir vor allem dadurch, dass ich auf gleicher Augenhöhe mit ihnen spreche. Ich bin keiner der moralisiert. Meine Geschichte, die ich erzähle, ist meine Lebensgeschichte. Ich glaube, dass es vor allem mein offener Umgang damit ist, der dazu führt, dass ich für die Jugendlichen besonders glaubhaft wirke. Ich sehe mein Programm als wirksame Ergänzung zu konventionellen Präventionsprogrammen.

Warum engagierst du dich an Schulen?

Alex: Es ist ganz wichtig, dass junge Leute die Gefährlichkeit von Drogen, von Süchten aller Art, begreifen. Dass sie erkennen, dass Süchte die Möglichkeiten im Leben einschränken. Ich will jungen Menschen dabei helfen, die Struktur von Sucht zu durchschauen. Dass sie eine Sichtweise entwickeln, welche für sie ein wirksames Werkzeug gegen Abhängigkeit ist. Ich denke, dass es mir geholfen hätte, wenn ich als Jugendlicher an den Erfahrungen eines Ex-Junkies teilhaben hätte können. Vielleicht wäre ich dann nicht in die Suchtfalle getappt - vielleicht doch. Auf jeden Fall wäre ich aber nicht so blind gewesen. Die Welt werde ich mit meiner Drogenprävention sicher nicht retten, aber meinen Beitrag kann und werde ich leisten.

Du sprichst von der Struktur von Sucht. Was kann man sich darunter vorstellen?

Alex: Sucht, egal welcher Art, entsteht immer durch einen Mangel. Bei mir war es so, dass mir vor allem eine gewisse Mutterliebe abging. Drogen und ihre berauschenden Wirkungen füllen diese Lücken scheinbar. Man ist nicht von heute auf morgen süchtig, dieser Prozess geht schleichend. Doch wenn man es bemerkt, ist es meist schon so weit, dass man bereits mit beiden Beinen fest im Zementsockel der Sucht feststeckt.

Das Bewusstsein über die eigene Sucht, das es-sich-eingestehen, erfolgt erst spät, auch wenn zu Beginn durchaus gezielte und gewollte Handlungen stehen können. Dies ist das diabolische an Süchten aller Art. Ich spreche hierbei bewusst von Süchten aller Art, da sich alle Süchte derselben Mechanismen aus Mangel und fehlendem Bewusstsein bedienen.

Das Buch "Der Heroin Schuster" ist im Eigenverlag erschienen und kann bei Alex G. direkt bestellt werden.
Das Buch "Der Heroin Schuster" ist im Eigenverlag erschienen und kann bei Alex G. direkt bestellt werden.
Kommen wir zu deinem Buch: ?Der Heroin Schuster? erschien im Selbstverlag. Wieso?

Alex: Ich wollte keine Fremdbestimmung, keine Verfälschungen. Im Buch erzähle ich meine Geschichte. Die kann ich nur auf meine Art und Weise erzählen. Bei einem Verlag wäre dies, in dieser Form, nicht möglich gewesen.

Du nennst im Buch die Dinge beim Namen: Gewalt, Knast, Drogen, Exzesse, Selbstmordversuche. Das kann den Leser schon ein Wenig schockieren, oder?

Alex: Natürlich. Aber es ist meine authentische Geschichte. Drogensucht ist immer schockierend. Ich erzähle meine Geschichte so, wie ich sie selbst erlebt habe. Ich finde es wichtig, dass sie ehrlich, offen und direkt geschrieben wurde. Die Leserinnen und Leser können sich dann selbst ein Bild, frei von den üblichen Klischees, davon verschaffen. Das Buch handelt von einem Typen namens Alex, der sein Leben beinahe selbst zerstörte.

Für wen ist das Buch bestimmt?

Alex: Kurz gesagt: Für jeden. Natürlich freut es mich besonders, wenn Jugendliche das Buch lesen und dadurch vielleicht von Drogen abgehalten werden. Aber auch Großmütter und der ?Durchschnittsbürger? sollten das Buch lesen, damit sie sehen, über was sie eigentlich sprechen, wenn sie über Drogen sprechen. Ein Schuss an ehrlicher Aufklärung kann keinem schaden. Das Thema Drogensucht ist, wie kaum ein anderes, von Tabus und Klischees geprägt. Es ist aber nicht nur ein Problem der Junkies, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem.

Aus diesem Grund differenziere ich, hinsichtlich meiner Zielgruppe, auch nicht. Ich wäre sehr froh, wenn auch andere Menschen, die es geschafft haben, clean zu werden, über ihre Erfahrungen schreiben würden. Drogensucht darf nicht totgeschwiegen oder unter dem Teppich gekehrt werden. Dieses Thema geht uns allen etwas an. Ich hoffe, dass mein Buch einen kleinen Beitrag dazu leistet, dass zumindest ein kleiner Teil der Gesellschaft hellhörig für die breite Suchtthematik wird.

Alex, Danke für das Interview und viel Erfolg auf deinem weiteren Weg in der Drogenprävention.

Alex: Vielen Dank, ich werde mein Bestes geben!

Michael Moser
Artikel vom 28. August 2007

 

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