Alkoholprobleme im Betrieb: Ansprechen ist besser

Bei Alkoholproblemen eines Mitarbeiters sehen viele aus Unsicherheit oder Mitleid weg. Das hilft jedoch keinem weiter und endet oft mit Komplettausfall oder Kündigung, warnt die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW).

Besser wäre es, möglichst früh ein Gespräch mit dem Betroffenen zu suchen. "Drei bis fünf Prozent der Beschäftigten jedes Betriebes sind erfahrungsgemäß alkoholabhängig, bei zehn Prozent wäre eine Behandlung wegen riskantem Alkoholkonsum notwendig", so Angelika Nette vom Hamburger Büro für Suchtprävention über die hohe Bedeutung des Themas.

Tiefer Blick ins Glas nach Dienstschluss

Ständiger hoher Alkoholkonsum wird oft übersehen, da er sozial angepasst ist und meist erst nach Dienstschluss geschieht. "Bestimmte Berufe sind für Alkoholsucht prädestiniert, da sie als Teil der Unternehmenskultur gilt. Das Bewusstsein steigt jedoch, dass Menschen unter Einfluss von Alkohol schlechter arbeiten", so die Suchtexpertin. Während sich in größeren Firmen Betriebsärzte oder Psychologen der Alkoholproblematik annehmen, besitzen Klein- und Mittelbetriebe jedoch kaum Erfahrung damit. Seminare sollen helfen, suchtgefährdete Mitarbeiter gezielt anzusprechen und so eine positive Wende im Verhalten zu erreichen.

Die Ansprache von Suchtgefährdeten ist jedoch keine leichte Sache. Nette rät strikt davon ab, als Außenstehender eine Diagnose zu stellen. "Es geht nicht darum, Sucht aufzudecken. Die einzige Chance ist, wenn man Betroffene ihr auffälliges Verhalten erkennen lässt. Dazu gehören arbeitsvertragliche Verletzungen wie zu spätes Erscheinen zu Arbeitsbeginn oder das Versäumen von Terminen, jedoch auch ein auffälliges Sozialverhalten wie etwa die Isolierung von den Kollegen", erklärt Nette. Derartige Vorkommnisse seien die einzigen möglichen Ansatzpunkte für Interventionen.

Verantwortung beim Vorgesetzten

Wenn auch die kollegiale Ansprache wichtig ist, hat der Vorgesetzte oder Personalverantwortliche die besten Chancen, eine Verhaltenskorrektur zu bewirken. "Die Funktion im Unternehmen verleiht andere Autorität im positiven Sinn. Man sollte in wertschätzender Ansprache und unter vier Augen klar benennen, welche fehlerhaften Verhaltensweisen oder Veränderungen beim Mitarbeiter zu beobachten sind", so Nette. Kommt ein Mitarbeiter wiederholt alkoholisiert zur Arbeit, sei es am besten, ihn nach Hause zu schicken und für den nächsten Tag ein Gespräch zu vereinbaren.

Das Ansprechen befreit zwar nicht von Sucht, zeigt jedoch durchaus Wirkung. "Damit wird öffentlich, was zuvor meist lange Zeit als Tabu gilt. Steter Tropfen höhlt den Stein - das gilt auch bei immer wiederkehrender Ansprache." Betriebe sollten jedoch auch dafür sorgen, dass Alkoholsucht gar nicht entsteht. Denn gerade die Unsicherheit im Arbeitsplatz oder Veränderungen im Arbeitsleben können wichtige - wenn auch meist nicht alleinige - Faktoren für Sucht werden. "Günstig ist soziale Unterstützung, die Schaffung von Handlungsspielräumen oder auch Reduktion von Zeitdruck", so die Hamburger Expertin.

Artikel vom 16. März 2010

 

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