"Binge Drinking" ist unter Jugendlichen auf dem Vormarsch

Trinken bis zum Umfallen kommt bei Kindern und Jugendlichen offenbar zunehmend in Mode. 19 Prozent der Heranwachsenden zwischen 12 und 17 Jahren hatten im vergangenen Jahr mindestens eine so genannte "Binge-Drinking-Erfahrung" innerhalb der letzten 30 Tage, berichtet das Magazin Reader's Digest.

Das exzessive Rauschtrinken, im Volksmund als Kampftrinken oder Komasaufen bekannt, bewerten Experten als besonders gesundheitsgefährdend. "Fünf Gläser Kölsch reichen schon", sagt Professor Michael Klein, Suchtforscher der Katholischen Fachhochschule in Köln, und warnt vor einer Verschlechterung der Koordinationsfähigkeiten und bleibenden Hirnschäden. Besonders alarmierend wird die Art des Alkoholkonsums bewertet. Demnach trinken die betroffenen Jugendlichen unmäßige Mengen, schnell und buchstäblich bis zum Umfallen.

Fachleute hatten eigentlich erwartet, der Alkoholkonsum unter Jugendlichen würde zurückgehen, nachdem in Deutschland eine Sondersteuer auf die Alkopops erhoben wurde. Obwohl die süßen Mixgetränke auf Basis von Bier, Wein, Sekt oder Spirituosen inzwischen teurer geworden sind und der Verkauf zurückgegangen ist, bedeutet das aber nicht das Ende des Rauschtrinkens. "Wir können keine Entwarnung geben", sagt Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, "weiterhin trinken 12- bis 17-Jährige pro Woche durchschnittlich 35,7 Gramm reinen Alkohol. Das ist eine Zahl, die wir nicht akzeptieren können." Immerhin entspricht diese Menge fast einem Liter Bier oder einem halben Liter Wein.

Untersuchungen haben ergeben, dass 34 Prozent der Heranwachsenden in ihrem Leben schon einmal einen Alkoholrausch hatten. Dazu passen auch andere Zahlen: 13 Prozent der deutschen Jugendlichen trinken bereits im Alter von unter 16 Jahren regelmäßig Alkohol. In Österreich stieg zwischen 1992 und 2000 die Anzahl der 15- bis 19-jährigen Jungen, die wegen einer Alkoholvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten, um rund 100 Prozent. Bei den gleichaltrigen Mädchen waren es sogar 200 Prozent. Dabei hat sich auch gezeigt: Jungen trinken mehr und sind öfter betrunken als Mädchen.

Die Ursachen für den übermäßigen Alkoholkonsum von Schülern sind vielfältig. Manche Jugendliche trinken aus Langeweile, andere rebellieren gegen Verbote der Eltern, wieder andere wollen mit dem Alkoholkonsum einem Jungen oder Mädchen in einer Clique imponieren. Aus Sicht des Kölner Suchtforschers Michael Klein kommt den Eltern dabei eine wachsende Bedeutung zu. Mit Problemen in der Familie, Depressionen, Ängsten oder Selbstzweifeln werde die Basis für einen regelmäßigen Alkoholkonsum gelegt. "Stark gefährdet sind vor allem Kinder von alkoholkranken Eltern", so Klein.

Insgesamt starben in Deutschland im Jahr 2004 insgesamt 202 Menschen an einer akuten Alkoholvergiftung, in Österreich sind es jährlich rund 100. Die Dunkelziffer dürfte in beiden Ländern deutlich höher liegen, immerhin gelten fünf Prozent der erwachsenen Deutschen und Österreicher als behandlungsbedürftig chronisch alkoholkrank.

Klein wie andere Experten setzen deshalb weiterhin auf frühzeitige und umfassende Aufklärung über die Gefahren des Alkoholkonsums. Demnach leidet nicht nur die Leber, sondern auch die Entwicklung des Gehirns unter häufigem Alkoholkonsum. Susan Tapert, Psychiatrie-Professorin an der Universität von Kalifornien, sagt: "Trinken bis zum Rausch scheint die Lernfähigkeit, die Gedächtnisleistung und das räumliche Vorstellungsvermögen zu beeinträchtigen."

Artikel vom 23. Januar 2006

 

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